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Frau hält Controller in den Händen

Foto: Joshua Hoehne/Unsplash.com

Spiel der Geschlechter: Werden Games von Männern dominiert?

04 April 2019

Lesezeit 7 Minuten

Alle Menschen spielen gerne, egal welchem Geschlecht sie angehören. Das gilt auch für Video- und Computerspiele: Fast die Hälfte aller Spielenden (47 Prozent) ist weiblich. Überrascht Dich diese Zahl? Das mag daran liegen, dass Frauen in der digitalen Spielekultur weniger sichtbar und auch insgesamt weniger einflussreich sind. Aber sie sind da!

Games-Branche: Frauen haben wenig Einfluss

Dr. Sabine Hahn, Kulturwissenschaftlerin und Dozentin für Medien- und Wirtschaftspsychologie, hat untersucht, wo und wie Frauen in der Games Branche unterrepräsentiert sind.

Demnach sind nur knapp ein Viertel (20-27 Prozent) aller Beschäftigten in der Games-Industrie Frauen. In anderen Medienbranchen wie dem Verlagswesen, TV und Rundfunk oder der Werbungbranche machen die weiblichen Angestellten im Vergleich dazu mehr als 40 Prozent aus. Nur eine von 18 Führungskräften (5,7 Prozent) in der Spiele-Branche ist weiblich. Übrigens: Frauen verdienen auch in der Games-Branche durchschnittlich 20 bis 25 Prozent weniger als Männer.

Die Mehrheit der weiblichen Angestellten arbeitet außerdem in Abteilungen abseits der Spiele-Entwicklung, wie beispielsweise im Verkauf, der Werbung, Personal- oder Rechtsabteilung. Dies führt dazu, dass Frauen einen eher geringen Einfluss auf die Spiele selbst haben, kritisiert Dr. Sabine Hahn. Doch sie hat Hoffnung: Mittlerweile sind in den Ausbildungs- und Studienangeboten, die speziell auf die Spiele-Industrie ausgerichtet sind, fast so viele Frauen wie Männer vertreten.

Zwei Menschen spielen Fifa

Foto: JESHOOTS-com/Pixabay

Teufelskreis: Diskriminierung in vielen Bereichen

Dr. Sabine Hahn weist auch darauf hin, dass es einen regelrechten Teufelskreis geben könnte: Zwischen den verschiedenen Bereichen, in denen Frauen in der Games-Branche diskriminiert werden, könnte es einen starken Zusammenhang geben:

  • Konsum: Frauen werden seltener als Käuferinnen von Spielen betrachtet
  • Ästhetik: Frauen werden in Spielen weniger oder einseitiger dargestellt
  • Angebot: Frauen werden seltener als Zielgruppe bei der Entwicklung von Spielen bedacht
  • Produktion: Frauen machen nur einen geringen Anteil an den Beschäftigten in der Spiele-Industrie aus

Wenn Frauen in Spielen weniger oder schlechter dargestellt werden, sind die Spiele für Frauen weniger interessant. Weniger Frauen kaufen dann vielleicht die Spiele. Frauen sind dadurch für die Spiele-Unternehmen weniger wichtig. Entwickler*innen berücksichtigen Frauen bei der Spielgestaltung weniger, weil sie sich auf die Zielgruppe Männer konzentrieren. Frauen werden in den Spielen weniger oder schlechter dargestellt und der Kreis beginnt von vorne…

Stereotype: Einseitige Darstellung von Frauen

Besonders auffällig ist in diesem Teufelskreis der zweite Punkt: Die Darstellung von weiblichen Charakteren in Spielen. Sie wird von den Kritiker*innen als oft stereotypisch und sexistisch beschrieben. Diese Einschätzung bezieht sich sowohl auf das Aussehen der Charaktere als auch auf die Handlungsmöglichkeiten und die Bedeutsamkeit weiblicher Figuren in Spielen.

Dr. Sabine Hahn fasst zusammen: Frauen beziehungsweise weibliche Spielfiguren werden in digitalen Spielen oft (nicht immer) wie folgt darstellt:

  • zahlenmäßig unterrepräsentiert (z.B. weniger Avatare)
  • sexuell stilisiert (z.B. knappe Kleidung, übertrieben große Brüste)
  • schlechter ausgestattet (z.B. Kompetenzen, Werkzeuge, Waffen, sozialer Status)
  • nur Nebenrollen oder Opferrollen (z.B. die zu rettende Prinzessin)
  • seltener Heldinnen oder Hauptfiguren
Weiblicher Spielcharakter mit großen Brüsten und freizügiger Kleidung

Bild: fumi2477/Pixabay

Schönheit: Unrealistische Ideale in den Medien

Das Problem der Geschlechterklischees in Computerspielen kennt auch Nina Kiel, Spielejournalistin, -forscherin und –entwicklerin. Sie blickt aber auch über den Tellerrand hinaus und kritisiert in einem Blogbeitrag von 2015 grundsätzlich das weibliche Schönheitsideal, wie es in fast allen Medien dargestellt wird.

„Die Idealisierung einer jugendlichen Makellosigkeit, die kein reales Vorbild hat, sondern durch und durch künstlich ist, führt zur Normierung einer unerreichbaren Form von Attraktivität“, schreibt sie in ihrem Blog. Das eng gefasste Schönheitsideal könne zu einer negativen Selbstwahrnehmung bei Spielerinnen führen. Medien würden unser Empfinden von Schönheit maßgeblich mitbestimmen, aber ein eher wackeliges und verzerrtes Fundament für unsere Selbstwahrnehmung darstellen.

Sexismus: Belästigung, Beleidigungen, Bedrohung

Wer den Geschlechterrollen der breiten Masse nicht entspricht, könne in der Spielewelt mitunter unangenehme Konsequenzen erfahren, erklärt Nina Kiel. Erfolgreiche oder leidenschaftliche Spielerinnen würden oft mit sexueller Belästigung, öffentlichen Beleidigungen oder der Androhung von Gewalt konfrontiert – ebenso diejenigen, die diese Missstände kritisieren.

Frau spielt am Computer

Foto: Tomasz_Mikolajczyk/Pixabay

Die Ursache dieser Entwicklung sieht sie auch oder vor allem bei den Spiele-Firmen, ihrer Werbung und Spielgestaltung. Sie kritisiert in einem Artikel von 2016 insbesondere folgende Aspekte:

  • Werbung, die potentielle Käufer*innen ermahnt, dass sie doch hoffentlich nicht „wie Mädchen“ spielen, sondern wie „ganze Kerle“ (z.B. Egoshooter)
  • Frauen als dekorative Randerscheinung oder erotisches Anschauungsmaterial in Spielen oder auf Spiele-Verpackungen („Sex sells!“)
  • Die Opferung von weiblichen Figuren im Spiel, um den männlichen Helden durch ihren Tod zu motivieren, seine persönliche Heldenreise anzutreten
  • Weibliche Spielfiguren als Belohnung für die heldenhafte Taten der männlichen Spielcharaktere (z.B. Jungfrau in Nöten, die entführte Prinzessin

LGBT: Nicht nur Frauen werden diskriminiert

Mit Diskriminierung in Games haben aber nicht nur Frauen zu kämpfen. Auch Menschen anderer Geschlechter und sexueller Orientierungen können es schwer haben. In der digitalen Spielewelt sieht Nina Kiel wenig Rückzugsraum für Menschen, die homo-, bi-, trans- oder intersexuell sind (Abkürzung LGBT; englisch: Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender; deutsch: Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender).

Die Spieleforscherin arbeitet in einem Blogbeitrag von 2015, in dem sie die Dokumentation „Gaming in Color“ rezensiert, heruas, dass LGBT-Menschen sich von anderen zunächst einmal nur durch ihre Sexualität unterscheiden würden und ebenso euphorische Spiele-Nerds sein könnten wie heterosexuelle Männer. Die Spielewelt wird dennoch von letzteren dominiert.

Allzu oft würde eine abweichende Sexualität in Spielen mit geistiger Krankheit oder Perversion verknüpft. Der eigentlichen Zielgruppe (den heterosexuellen Männern) soll das vermitteln: Du bist normal. Für alle anderen Menschen komme diese Auslegung einem zweiten „Coming Out“ gleich, bemängelt Nina Kiel. Nach der realen Welt werden sie nun auch noch in der Spielewelt beleidigt. Weder in der einen noch der anderen bedingungslos akzeptiert zu werden, sei eine frustrierende Erkenntnis.

Aber auch Nina Kiel sieht eine positive Entwicklung hin zu mehr Diversität in Computer- und Videospielen. Sie hebt hier vor allem sogenannten Indie-Games von kleinen Entwickler*innen oder Teams hervor.

Aus einem Auge kommen regenbogenfarbige Tränen

Foto: Christian Sterk/Unsplash

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Hinweis (16.04.2019): Die Forscherinnen Dr. Sabine Hahn und Nina Kiel sehen sich in diesem Artikel veraltet, verkürzt und somit insgesamt verzerrt wiedergegeben. Für umfassende und aktuellere Einblicke in ihre Forschungsergebnisse befassen sich interessierte Leser*innen bitte auch mit den verlinkten Artikeln sowie weiteren Veröffentlichungen der Forscherinnen (beispielsweise Nina Kiels Blog oder Dr. Sabine Hahns Dissertation). Die aktuellen Entwicklungen in der Spielebranche werden wir im Blick behalten und uns damit in einem zukünftigen Blogartikel beschäftigen.

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