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Ein Gameboy und ein Smartphone liegen nebeneinander im Gras.

Foto: Stephanie Braun

Ein kleines Spielchen zwischendurch

06 Juni 2018

Wenn es um das Thema Computerspielsucht geht, wird häufig von MMORPGs gesprochen. Sie bieten eine große Spielwelt und unendliche Spielzeit. Dazu kommt der soziale Aspekt: das Spielen im Team und die Erwartungshaltung regelmäßig dabei zu sein. Das sind einige der Faktoren, die zu einer Abhängigkeit vom Spiel führen können.

Auch das Smartphone bietet zahlreiche Möglichkeiten auf dem kleinen Display zu spielen. Ein Vorgänger vieler simpler Handyspiele ist Tetris, das in den 80ern bei den ersten Gameboys von Nintendo direkt mit dabei war. Es birgt ein hohes Suchtpotential.

Puzzlespiele

Dieser Beitrag befasst sich mit Puzzlespielen, die als App am Smartphone gespielt werden können und somit stets und überall verfügbar sind. Sie werden üblicherweise alleine gespielt. Es geht beispielsweise darum, Muster zu erkennen, Elemente zu kombinieren oder Wörter zu finden. Dabei zielen sie auf logisches Denken oder eine gute Wahrnehmung. Sehen wir uns zunächst drei Beispiele für Puzzlespiele an.

Candy Crush Saga

Eine Anordnung von bunten Süßigkeiten füllt den Bildschirm. Durch eine wischende Bewegung tauschen je zwei benachbarte Süßigkeiten den Platz. Es müssen mindestens drei gleichartige Süßigkeiten waagerecht oder senkrecht kombiniert werden, dann verschwinden sie und bringen Punkte.

Die Anzahl der Züge ist begrenzt. Dabei gilt es, möglichst viele Punkte zu erreichen und die zunehmend schwierigeren Herausforderungen zu meistern. Dies gelingt mit möglichst genialen Kombinationen. Je mehr auf einmal, desto besser. Bei besonderen Kombinationen erscheinen Süßigkeiten mit speziellen Fähigkeiten.

Candy Crush ist kein reines Glücksspiel, Wahrnehmung und Taktik spielen eine Rolle.

2048

Bei diesem Spiel gibt es nur ein einziges Level. In einem Bereich von 4×4 (5×5) Kästchen tauchen neue Zahlen auf, entweder die 2 oder die 4. Durch Schieben nach links-rechts oder oben-unten werden alle Zahlen so weit wie möglich in die entsprechende Richtung bewegt. Dabei addieren sich gleiche Zahlen auf. Das Ziel ist es, die Zahlen möglichst geschickt zu kombinieren und so die Zahl „2048“ zu erreichen.

Auf einem Smartphone ist das Spiel 2048 zu sehen.

Foto: Stephanie Braun

Wortspiele

Bei „Vier Bilder ein Wort“ erscheinen vier Bilder auf dem Display, zu denen ein einzelner Begriff gesucht wird. Die Anzahl der benötigten Buchstaben ist durch angezeigte Kästchen festgelegt. Bei „Wortguru“ dagegen gibt es einen Buchstabensalat, aus welchem mehrere Wörter gebildet werden sollen. Auch hier ist die Länge und Anzahl der gesuchten Begriffe durch Kästchen vorgegeben.

Diese Spiele werden ebenfalls alleine gespielt, aber die Spielenden kommen häufig bei einem Rätsel nicht mehr weiter und lassen sich dann gerne von anderen helfen. Die Hilfsmöglichkeiten im Spiel sind begrenzt und schnell kostenpflichtig, daher sparsam einzusetzen. In sozialen Netzwerken finden sich häufig Screenshots dieser Spiele mit der Bitte um Hilfe. So rätseln einige gemeinsam über die gesuchten Begriffe. Manch einer entdeckt über solche Beiträge erst das Spiel für sich.

Kleine Spiele für zwischendurch

All diese Spiele sind wunderbare Unterhaltung für zwischendurch. Sie können kurz gespielt und theoretisch auch jederzeit wieder beendet werden: Sie dauern nicht lange (kurze Level bzw. einzelne Rätsel) oder können unterbrochen werden (2048), weil sie nicht, wie Tetris, auf Zeit laufen.

Doch das klappt nicht immer. Warum genau ist das so?

Die Spiele, die in mehreren Leveln aufgebaut sind, funktionieren nach einem einfachen Prinzip: Es beginnt simpel. Die Spielenden lernen das Spiel kennen, erleben schnelle Erfolge und suchen die Herausforderung. Es wird zunehmend kniffliger. Es beginnt das Scheitern. Etwas nicht zu schaffen, erhöht die Herausforderung. „Ein Versuch noch“, sagen wir oft. „Beim nächsten Mal klappt es bestimmt.“ Hinzu kommen die immer wieder neuen Änderungen, die das Spiel interessant bleiben lassen.

Belohnungssystem

Die Spiele erlauben uns, viele kleine Erfolge zu erleben, wenn ein Level geschafft oder eine Herausforderung gemeistert wurde. Ein direktes Lob erfolgt spätestens nach dem beendeten Level. Jedes Erfolgserlebnis geht im Gehirn mit einer Dopamin-Ausschüttung einher. Unser neuronales Belohnungssystem ist aktiviert. Das fühlt sich für uns gut an. Genau hier liegt das Suchtpotential der Spiele. Wir können nach diesem positiven Gefühl süchtig werden. Problematisch wird es, wenn das Erfolgserlebnis so klein und kurz ist, dass es keine wirkliche Befriedigung verschafft.

Hat man beispielsweise sehr lange am Spiel „2048“ gerätselt, ist es ein Erfolg, zum ersten Mal die „2048“ auf dem Display zu sehen. Dieses Erfolgserlebnis geht vielleicht sogar mit Stolz einher, das Spiel gemeistert zu haben. Allerdings ist das Spiel nicht zu Ende, wenn man die Zahl 2048 erfolgreich kombiniert hat. Das Spiel kann weiter gespielt werden, weitere Zahlen kombiniert und Zwischenziele erreicht werden.

Wem es einmal gelungen ist, merkt schnell, dass es immer wieder gelingen kann und die neue Herausforderung wird zu nichts Besonderem, die nächste große Zahl 4096, dann 8192 zu erreichen. Die maximal erreichbare Zahl im 4×4 Modus ist „131072“. Alles machbar, es kostet nur Zeit und dann ist 2048 kein kleines Spiel für zwischendurch mehr. Es können Stunden während eines einzelnen Spiels vergehen. Das Spiel kann sich über Tage hinziehen. Bis zu einer einzigen unachtsamen Bewegung, die alles zerstört.

Je erfolgreicher man bis dahin war, desto größer ist die Frustration. Es gibt zwei Möglichkeiten: frustriert aufgeben oder es gleich noch einmal versuchen. Doch die Erfolgserlebnisse werden immer weniger, es muss mehr Zeit investiert werden, um eine neue große Zahl zu erreichen oder den Highscore zu knacken. Der soziale Faktor kann mit hinzukommen, wenn Freunde oder Freundinnen das Spiel ebenfalls spielen, der Highscore verglichen und sich gegenseitig angestachelt wird.

Auch bei anderen Spielen, deren Level immer schwieriger werden, scheitern wir häufiger, als dass wir gewinnen. Das Scheitern ist wichtig, um den Sieg als positiven Erfolg zu erleben, geht allerdings mit Frustration einher, sodass die Gefahr besteht, sich auf der Suche nach dem kurzen Erfolgserlebnis in einer Frustrationsschleife zu verfangen.

Ein Smartphone zeigt eine Nachricht, dass man ein Level des Spiels 2048 gewonnen hat.

Foto: Stephanie Braun

Zufall

Auch wenn es bei den Spielen um Logik oder Wahrnehmung geht, spielt der Zufall eine wichtige Rolle. Die Süßigkeiten bei Candy Crush erscheinen zufällig, manchmal lösen sich Reihen bereits beim Aufbau des Spiels. Manchmal dagegen liegen die Süßigkeiten ungünstig und es bieten sich keine guten Kombinationsmöglichkeiten.

Natürlich können auch besonders erfolgreiche Züge gelingen. Es ergeben sich vielleicht sogar Folgekombinationen, wenn die Süßigkeiten perfekt nachrutschen. Der Bildschirm explodiert feuerwerkartig in einem belohnenden Geflimmer, das an einen Glücksspielautomaten aus der Pommesbude oder Kneipe erinnert. Entsprechende dudelnde Musik und Sound-Effekte bietet das Spiel ebenfalls, lassen sich aber auch ausstellen.

Bereits nach dem ersten Level gibt es das Feedback „Großartig, du hast es auf Anhieb geschafft.“ Dann folgt die Auswertung in Form von Punkten und Sternen. Hat man die maximalen drei Sterne erreicht oder das Level nur so gerade eben bestanden?

Begrenzte Spielzeit

Es könnte ein Schutzfaktor sein, dass manche Spiele wie Candy Crush nur eine begrenzte Anzahl an „Leben“ zur Verfügung stellen. Jedes Mal, wenn man ein Level nicht schafft, verliert man ein Leben. Sind diese aufgebraucht, kann nicht weiter gespielt werden. Diese Leben erholen sich mit der Zeit wieder und dem Spielspaß steht nichts mehr im Wege. Wer es eilig hat, kann sich auch neue Leben kaufen und sofort weiter spielen. Achtung fiese Geldfalle!

Alternativen gibt es aber auch genug, um die Wartezeit zu überbrücken. Es gibt reichlich Auswahl an Spielen derselben Art. Einfach in ein anderes Spiel wechseln, bis dort die Leben aufgebraucht sind und dann nochmal zurück zu Candy Crush. Zu früh? Na, dann eben noch ein weiteres anderes Spielchen.

Auch wenn man an einem Level festhängt, ist ein Wechsel des Spiels eine Lösung, um vielleicht endlich das ersehnte Erfolgserlebnis zu erfahren.

Machen Puzzlespiele abhängig?

Wie beschrieben haben die Spiele ein Risikopotential. Es fällt schwer, mit dem Spiel aufzuhören, das Smartphone zur Seite zu legen. Es fällt schwer, nicht wieder zu spielen, obwohl man gerade mit etwas anderem beschäftigt ist. Doch bei fast allen Spielenden kommt irgendwann der Punkt, an dem es nicht mehr weiter geht. Wenn die Frustration das Erfolgserleben deutlich überwiegt, verlieren wir die Lust am Spiel. Werden allerdings viele Spiele parallel gespielt und es läuft noch in mindestens einem Spiel weiterhin gut, bleiben wir möglicherweise in der Frustrations-Erfolgs-Spirale hängen.

Gibt es auch kleine Spiele für zwischendurch, die man abbrechen kann, ohne den Drang zu verspüren, noch ein Level zu spielen oder noch einen Versuch zu wagen? Ein Spiel, das kurzweiliges Vergnügen bietet und dann ist gut? Ein Spiel auf das man ab und zu Lust hat, aber nicht immer daran denken muss? Was denkt Ihr?

Ein Bison steht in einer Graslandschaft. Selfies, die gesündeste Nutzung des Smartphones? Auf einem Tisch liegt ein altmodisches Handy neben einem modernen Smartphone. Vom Smartphone zurück zum einfachen Handy
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