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Smartphone mit Covid-19 Schriftzug

Foto: Martin Sanchez / Unsplash.com

Mediensucht und die Pandemie: Corona-Update Januar 2022

26 Januar 2022

Lesezeit 5 Minuten

webcare+ dreht sich um Medienkompetenz, Mediensucht und Selbsthilfe. Wenn so ein Projekt die Corona-Pandemie in einem Satz zusammenfassen müsste, käme wohl das hier dabei raus: Weniger soziale Kontakte, mehr Bildschirmzeit. Aber bedeutet das auch, dass mehr Menschen abhängig von digitalen Medien geworden sind? Diese Frage haben wir uns bereits im Oktober gestellt. Da gab es hier auf unserem Blog einen Themenmonat zu Corona und Mediensucht. Den besagten Blogartikel kannst du hier nachlesen. Kurze Zeit später sind neue Studienergebnisse erschienen, die wir in diesem Update beleuchten möchten.

Bildschirmzeiten immer noch höher als vor der Corona-Pandemie

Das Deutsche Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) erhebt bereits seit Herbst 2019 Zahlen zu Mediensucht. Genauer: Die Nutzungszeiten von Games und Social Media, die Nutzungsmotive und die Symptombelastung in Bezug auf Mediensucht von Kindern und Jugendlichen. Das DZSKJ untersucht in regelmäßigen Abständen:

  • Wie viele Minuten pro Tag werden Videospiele und soziale Medien genutzt?
  • Warum nutzen Kinder- und Jugendliche diese Medien?
  • Wie viele Kinder und Jugendlichen haben Symptome einer Mediensucht?

Die schlechte Nachricht: Noch immer liegen die Nutzungszeiten über den Zahlen von 2019. Obwohl wir schon lange keinen Lockdown mehr hatten. Im Vergleich zum Jahr 2019 hat die Nutzungszeit von Videospielen um 23 Prozent zugenommen. Die Social Media-Nutzung verzeichnet immer noch ein Plus von 15 Prozent in Relation zu 2019.

Die gute Nachricht: Inzwischen ist ein Abwärtstrend erkennbar, das heißt langsam aber stetig geht die Bildschirmzeit wieder nach unten. Wenn sich die Zeiten weiterhin in 10-Minute-Schritten verringern würden, bräuchten wir also noch etwa zwei Jahre um das Niveau von 2019 wieder zu erreichen.

Säulendiagramm Nutzungszeiten

Grafik: webcare+; Zahlen: DZSKJ (Berechnung der durchschnittlichen Nutzungszeit durch webcare+)

Was hat Bildschirmzeit mit Mediensucht zu tun?

Die Nutzungszeit kann allerdings nur ein Hinweis auf exzessive Mediennutzung oder Medienabhängigkeit sein. Sie ist kein offizielles Kriterium. Stattdessen werden Kriterien zu Grunde gelegt, die auf Kimberly Young (1996) zurückgehen: Die „Gaming Disorder Scale for Adolescents“ (GADIS-A) nach Paschke (2020) sowie die „Social Media Disorder Scale“ (SMDS) nach Van Den Eijnden (2016).

  1. Vereinnahmung: Musst Du immerzu ans Onlinesein denken?
  2. Toleranzentwicklung: Hast Du das Bedürfnis, immer mehr Zeit im Internet zu verbringen?
  3. Entzugserscheinungen: Fühlst Du Dich nervös, launisch, traurig oder gereizt, wenn Du nicht im Internet sein kannst?
  4. Kontrollverlust: Hast Du bereits erfolglos versucht, deine Internetnutzung zu reduzieren?
  5. Interessensverlust: Verbringst Du mehr Zeit im Internet als vorgesehen und verlierst das Interesse an anderen Dingen?
  6. Streit: Hast Du wegen deiner Onlinenutzung regelmäßig Streit mit anderen?
  7. Lügen: Hast Du schon einmal Familie oder Therapeut*innen über deine Internetnutzung belogen?
  8. Emotionsregulation: Nutzt Du das Internet, um Dich von Problemen oder schlechten Gefühlen abzulenken?
  9. Konflikte: Gefährdet deine Internetnutzung Freundschaften, Beziehungen, Arbeit oder Ausbildung?

Mediensucht während der Corona-Pandemie

Gibt es seit des Corona-Ausbruchs mehr Kinder und Jugendliche mit diesen Mediensucht-Symptomen? Die Studie des DZSKJ muss diese Frage leider mit „Ja“ beantworten. Vor der Pandemie erfüllten in den Umfragen etwa 2,7 Prozent die Kriterien einer Computerspielsucht, 2021 waren es 4,1 Prozent. Bei der Social Media-Abhängigkeit waren es vorher 3,2 Prozent und nachher 4,6 Prozent. Hier hat auch die Anzahl der riskanten Nutzer*innen kräftig zugelegt: Von 8,2 auf 10,4 Prozent.

Infografik Computerspielsucht

Grafik: DZSKJ

Allerdings gibt es inzwischen auch mehr Kinder und Jugendliche, die Games und Social Media gar nicht mehr oder nur noch unregelmäßig nutzen. Woran könnte das liegen? Eine Notbremse seitens der Eltern scheint es jedenfalls nicht gewesen zu sein. Denn laut der DZSKJ-Studie haben sich die Medienregel innerhalb der Familien nicht großartig geändert.

webcare+ wird das Themenspektrum Mediensucht und Corona weiterhin im Auge behalten und Dich über neue Studienergebnisse informieren.

Infografik Social Media-Sucht

Grafik: DZSKJ

Quellen

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