Blog

Sonnebrille mit Instagram-Logo auf den Gläsern

Foto: geralt / pixybay.de

Von Insta, Finsta und Rinsta: Warum erstellen Menschen mehrere Instagram-Profile?

20 Januar 2022

Lesezeit 7 Minuten

Wie heißt Du bei Instagram? Benutzt Du Deinen Klarnamen, das heißt deinen richtigen Namen? Oder doch eher einen Spitznamen oder etwas ganz Kryptisches? Wie viele Instagram-Profile hast Du? Eins, zwei oder zwanzig? ZWANZIG!? Ja, Du hast richtig gelesen: Es gibt Menschen, die zwanzig oder mehr Profile bei Instagram besitzen. Warum? Das haben wir uns auch gefragt und auf Spurensuche von Insta, Finsta und Rinsta begeben…

Finsta und Rinsta

Dass Instagram gerne mal kurz „Insta“ genannt wird, hast Du vielleicht schon einmal gehört. Von Insta zu Finsta und Rinsta ist es nicht mehr weit, um genau zu sein nur ein Buchstabe entfernt. Dabei ist Finsta die Kurzform von Fake Insta. Rinsta steht hingegen für Real Insta.

  • Finsta = Fake Insta = falsches / gefälschtes Instagram-Profil
  • Rinsta = Real Insta = richtiges / echtes Instagram-Profil

Diese Begriffe gibt es bereits seit mehreren Jahren und wurden auch schon wissenschaftlich untersucht, vor allem in den USA. Mehrere Studien haben sich die Frage gestellt, wie die beiden Arten von Instagram-Profilen genutzt werden und welche Unterschiede es dabei gibt. Da die Studienergebnisse nur auf Englisch veröffentlicht wurden, fassen wir sie hier für Dich in deutscher Sprache zusammen.

Finsta nur für enge Freund*innen

Noch gibt es nicht allzu viele Studien zu Finstas. Dieser Umstand könnte auch erklären, warum sich die bisherigen Studien alle einig zu sein scheinen. Denn oft wird in der Wissenschaft erst einmal hin und her diskutiert. Studien mit der gleichen Forschungsfrage kommen anfangs oft zu unterschiedlichen Ergebnissen. Dann schauen die Wissenschaftler*innen, woran das liegt und helfen sich so gegenseitig, ihre Studien zu verbessern. Meist dauert es dann ein paar Jahre, bis sich ein Trend abzeichnet, das heißt bis eine deutliche Mehrheit der Studien zur gleichen Antwort kommt. Bei den Finsta-Studien scheint das anders zu sein. Denn bisher passen die Studienergebnisse alle sehr gut zusammen.

Smartphone mit Instagram-Symbol

Foto: neonbrand/ Unsplash.com

Ein erster Punkt, den die Forschungsarbeiten herausgearbeitet haben, ist dass Finstas in der Regel nur für sehr enge Freund*innen zugänglich sind (Dewar 2019, Kang & Wie 2020, Schönfeld & Fiori 2021, Taber & Whittaker 2020). Fünfzig, hundert oder fünfhundert Follower zu haben, ist inzwischen keine Seltenheit mehr. Bei Facebook muss man Freundschaftsanfragen noch aktiv annehmen. Bei Instagram kann uns nach den Standardeinstellungen jede*r ungefragt folgen. Anstelle der Familie und engen Freund*innen befinden sich unter den Followern dann plötzlich wildfremde Menschen aus aller Welt. Schon ein bisschen gruselig. Kein Wunder, dass einem dann nicht mehr ganz wohl dabei ist, persönliche Beiträge und Stories zu erstellen.

Rinsta für mein perfektes Ich

Und so schnell ist es passiert: Statt des Selfies mit dickem Pickel auf der Stirn wird ein dank Filtern perfekt bearbeitetes Foto hochgeladen. Wäre ja auch peinlich, sich so in der Öffentlichkeit zu zeigen, oder? Wo doch überall – im Netz wie auf den Straßen – Plakate von perfekten Menschen mit perfekten Körpern, perfekter Haut, perfekten Haaren und den tollsten Outfits prangen. Statt mit sich selbst zufrieden zu sein, werden die Fotos also schnell beschönigt bevor wir sie posten.

Unsere Real Instas sind also eigentlich unreal (unecht).

Sie zeigen eine schmeichelhafte, idealisierte, beeindruckende, aber betrügerische Version von uns selbst (Kang & Wie 2020). Im Gegensatz dazu scheinen die Post auf den Finsta-Profilen weniger schmeichelhaft (ebd.), ungefiltert, humorvoller (Dewar 2019), authentischer, extrovertierter, unüberlegter und sogar unangenehmer, sozial unerwünschter bis hin zu negativ (Taber & Whittaker 2020) zu sein. Schönfeld und Fiori (2021) packen diesen Umstand sehr gut in einer kurzen Definition zusammen (übersetzt von webcare+):

„Finsta ist ein privater Instagram-Account, dem nur eine kleine Gruppe von Freund*innen folgt und gilt als authentischere Form von Social Media.“

Auf ihrem Finsta haben die Befragten also das Gefühl, nicht immer schön, gut gelaunt, erfolgreich – kurzum perfekt – sein zu müssen. Auch gibt es keine gefühlte Verpflichtung, dass die Posts alle zueinander und in ein ästhetisches Gesamtkonzept passen müssten. Stattdessen gibt ihnen dieser kleine geschützte Raum die Möglichkeit, ganz sie selbst sein zu dürfen. Der soziale Druck, der auf Social Media aus dem sozialen Wettbewerb entsteht, ist bei Finstas also geringer als bei Rinstas (Dewar 2019).

Unseren Blogbeitrag über perfekte Selbstdarstellung in Social Media kannst Du übrigens hier nachlesen.

Einsame Finstas?

Schönfeld und Fiori (2021) haben in ihrer Studie allerdings höhere Werte für soziale Einsamkeit in Bezug auf Finstas gefunden. Sie unterscheiden zwischen sozialer und emotionaler Einsamkeit (übersetzt von webcare+):

Emotionale Einsamkeit bezieht sich auf das Gefühl, eine unzureichende Qualität sozialer Beziehungen zu haben, nämlich einen Mangel an Intimität und engen persönlichen Beziehungen. Soziale Einsamkeit hingegen bezieht sich auf das Gefühl, das aus einer unzureichenden Anzahl (also Quantität) sozialer Beziehungen resultiert, insbesondere dem Fehlen eines größeren sozialen Kreises oder einer Gruppe von Kontakten.“

Hand in Instagram-Faqrben bemalt

Foto: TheDigitalArtist / pixabay.de

Da ein Finsta definitionsgemäß nur wenigen engen Freund*innen vorbehalten bleibt, müssen in puncto Quantität der Freundschaften hier logischerweise Abstriche gemacht werden. Zur emotionalen Einsamkeit bestand in der Studie von Schönfeld und Fiori (2021) hingegen kein Zusammenhang – weder positiv noch negativ. Bei der Instagram-Nutzung generell (also Rinstas und Finstas zusammen) konnte ebenfalls kein Zusammenhang zu Einsamkeit gefunden werden. Das zeigt einmal mehr, dass es zu einer Forschungsfrage selbst innerhalb eines einzelnen sozialen Netzwerkes unterschiedliche Antworten geben kann.

Der Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen (exzessiver) Internetnutzung und Einsamkeit gibt, haben wir uns schon einmal gewidmet. Das kannst Du in diesem Blogbeitrag nachlesen.

Finsta und Rinsta: Verkehrte Welt

In sozialen Netzwerken nur mit echten Freunden befreundet sein? Nur mit den Menschen private Infos austauschen, die man auch im analogen Leben kennt und denen man vertraut? Im Netz kein beschönigtes Bild von sich selbst aufbauen, sondern einfach man selbst bleiben? Von anderen so gemocht und geliked werden, wie man ist, ohne sich verstellen zu müssen? Klingt doch ganz wunderbar, oder? In diesem Sinne können wir sehr gut verstehen, warum manche Menschen sich ein Finsta erstellen.

Was uns allerdings sauer aufstößt: Warum heißen die Profile mit echten Inhalten Fake Instas? Und warum nennt man die Profile mit bearbeiteter und verzerrter Darstellung Real Instas? Eigentlich müsste es doch anders herum sein. Hat der soziale Wettbewerb auf Social Media uns schon so durcheinandergebracht?

Und noch etwas erscheint uns bedenklich: Manche Instagram-Nutzer*innen belassen es nicht bei einem Rinsta und vielleicht noch einem Finsta. Stattdessen werden für unterschiedliche Zwecke unterschiedliche Profile erstellt, die sich dann gegebenenfalls sogar gegenseitig folgen und liken. Eines für Familienmitglieder, eines für die besten Freund*innen, eines für Klassenkamerad*innen oder Arbeitskolleg*innen, eines für das eigene Haustier und so weiter. Und das summiert sich. So viele Profile zu pflegen und dabei nicht durcheinander zu kommen, bedeutet natürlich auch viel Arbeit. Und das wiederum heißt: Viel Zeit am Handy.

Wie Du deine Smartphonezeit reduzieren kannst, zeigen wir Dir in diesem Blogbeitrag und in unserem Flyer zu Tipps und Tricks für weniger Zeit am Handy.

Quellen

Smartphone mit Covid-19 Schriftzug Mediensucht und die Pandemie: Corona-Update Januar 2022 Insel auf einem Computerbildschirm. Auf der Insel steht ICD-11. ICD-11: Computerspielsucht und Pornosucht seit 1.1.2022 offizielle Krankheitsdiagnose
Diesen Artikel Teilen auf:
Interessante Beiträge

Du hast Fragen oder Anregungen?

Schreib uns gerne eine Nachricht, wir helfen Dir weiter.