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Person guckt nach oben, daneben viele pfeile aufwärts

Foto: geralt / pixabay.com

Abhängigkeit von Computerspielen oder Internet – die neue Drogenaffinitätsstudie

28 Januar 2021

Lesezeit 6 Minuten

Die Bundesregierung hat die neue Drogenaffinitätsstudie veröffentlicht. Darin wird untersucht, wie viele junge Menschen in Deutschland süchtig oder suchtgefährdet sind. Wir wollten wissen, wie es um Computerspiel- und Internetsucht steht.

Drogenaffinität: Was ist das?

Affinität ist ein Fremdwort für Neigung. Mit Drogen-Affinität ist also die Neigung zur Nutzung von Drogen gemeint. Man kann aber nicht nur süchtig nach Drogen wie Alkohol oder Cannabis werden, sondern auch nach bestimmten Verhaltensweisen. Das nennt man dann Verhaltenssucht. Anerkannte Beispiele hierfür sind Glücksspiel oder Computerspiele. Viele Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass auch andere Angebote im Internet süchtig machen könnten, zum Beispiel soziale Medien oder Pornografie.

Drogenaffinitätsstudie: Was wird da untersucht?

Die Drogenaffinitätsstudie ist eine deutschlandweite und repräsentative Befragung für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Die Studie wird seit 1973 alle drei bis vier Jahre durchgeführt. Fragen zur Nutzung von Internet und Computerspielen sowie damit verbundenen Problemen werden allerdings erst seit 2011 gestellt.

Die neue Studie ist somit der dritte Durchlauf (2011, 2015, 2019), in dem auf problematische Internetnutzung eingegangen wird. Im Jahr 2019 wurden 7.000 Menschen im Alter von zwölf bis 25 Jahren per Telefoninterview befragt. Die Befragten wurden dabei in zwei Altersklassen unterteilt: Zum einen Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren, zum anderen jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren.

Internet meistens zur Kommunikation genutzt

Jugendliche nutzen das Internet am häufigsten, um zu kommunizieren. Fünf von sechs Jugendlichen (84 %) nutzen täglich das Internet, um sich mittels Chats, E-Mails, WhatsApp, Instagram, Snapchat oder Facebook mit ihren Mitmenschen auszutauschen. Bei den jungen Erwachsenen sind es sogar 94 Prozent.

Der zweithäufigste Anlass zur Internetnutzung ist Unterhaltung. Drei von vier Jugendlichen (77 %) nutzen das Internet jeden Tag, um Musik zu hören, Videos zu streamen und anzuschauen oder einfach nur zum Surfen. Der Anteil der jungen Erwachsenen liegt mit 86 Prozent auch hier etwas höher.

Säulendiagramm auf einem Smartphone

Bild: Megan_Rexazin / Pixabay.com

Die Informationsmöglichkeiten des Internets werden von rund der Hälfte der Jugendlichen (48 %) täglich genutzt, indem sie zum Beispiel Wikipedia, Suchmaschinen, YouTube oder Nachrichtenseiten nutzen. Unter den jungen Erwachsenen suchen sogar drei Viertel der Befragten (74 %) täglich nach Informationen im Internet.

Computerspiele nur vierthäufigste Nutzungsart

Computerspiele werden von etwa einem Drittel der Jugendlichen (37 %) täglich gespielt; zum Beispiel an PC, Notebook, Tablet, Smartphone, mobilen oder stationären Spielkonsolen. Im jungen Erwachsenenalter scheint die Häufigkeit des Spielens wieder abzunehmen. Denn hier spielen nur noch 22 Prozent täglich digitale Spiele.

In Onlineshops kaufen nur 0,4 Prozent der Jugendlichen täglich ein. 42 Prozent geben sogar an, dass sie im letzten Jahr gar nichts im Internet gekauft haben. Bei den jungen Erwachsenen sieht das anders aus: Zwar kaufen hier auch nur wenige der Befragten (1,5 %) täglich online ein. Im letzten Jahr taten dies aber immerhin 90 Prozent, zwei Drittel von ihnen mindestens einmal im Monat.

Im Vergleich zur letzten Studie von 2015 hat sich die tägliche Internetnutzung in nahezu allen Altersklassen und Nutzungsarten deutlich erhöht. Die einzige Ausnahme bildet hier das Online-Shopping.

Drogenaffinitätsstudie: Internetbezogene Störungen

Die Drogenaffinitätsstudie verwendet die Compulsive Internet Use Scale (CIUS). Das ist ein Fragebogen, der ermittelt, ob bei den Befragten eine computerspiel- oder internetbezogene Störung vorliegen könnte.

In der Studie von 2019 erfüllten 8,4 Prozent der Jugendlichen die Kriterien für eine internetbezogene Störung, wobei die Mädchen mit 10 Prozent deutlich höher lagen als die Jungen mit 7 Prozent. Bei den jungen Erwachsenen waren weniger Befragte betroffen, nämlich nur 5,5 Prozent. Frauen und Männer lagen hier nicht so weit auseinander.

Grafik

Grafik: BZgA, Drogenaffinitätsstudie 2019, Seite 22

Nicht nur beim Geschlecht gibt es Unterschiede in der Betroffenheit. Hier noch ein paar weitere Tendenzen, die sich in der Studie zeigen:

  • Bei den Jugendlichen nimmt die Betroffenheit mit steigenden Alter zu.
  • Bei den jungen Erwachsenen nimmt sie mit dem Älterwerden wieder ab.
  • Jugendliche mit niedrigem Bildungslevel sind stärker betroffen als solche mit hohem.
  • Junge Erwachsene mit (Fach-) Hochschulreife sind öfter betroffen als mit mittlerer Reife.
  • Befragte mit Migrationshintergrund sind stärker betroffen als ohne.

Vergleich der Drogenaffinitätsstudien 2011 bis 2019

Die Verbreitung computerspiel- und internetbezogener Störungen hat sich von 2011 bis 2019 bei allen Altersklassen und Geschlechtern deutlich erhöht, teilweise sogar mehr als verdoppelt.

Bei weiblichen Jugendlichen ist die Prozentzahl von 3,3 auf 8,6 gestiegen, bei männlichen von 3,0 auf 6,7. Unter den jungen Frauen stieg der Anteil der Betroffenen von 2,1 auf 5,1 Prozent, bei den jungen Männern hingegen nur von 2,0 auf 3,2 Prozent.

Grafik

Grafik: BZgA, Drogenaffinitätsstudie 2019, Seite 28

Auch bei der „nur“ problematischen Nutzung von Internetangeboten sind die Zahlen durchweg gestiegen. Waren 2011 noch etwa 13 Prozent der Jugendlichen betroffen, nutzen 2019 rund 30 Prozent das Internet in problematischem Ausmaße. Bei jungen Männern hat sich der Anteil von 11 auf 21 Prozent fast verdoppelt, bei jungen Frauen sogar von 9 auf 25 Prozent fast verdreifacht. Das heißt auch: Die Anteile derjenigen, die Computerspiele und das Internet gar nicht oder schlicht unproblematisch nutzen, ist in allen Gruppen deutlich zurückgegangen.

Die vollständigen Studienergebnisse kannst du im Bericht der BZgA nachlesen.

Infografik

Infografik: Drogenbeauftragte der Bundesregierung

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