Für manche Menschen sind Glücksspiele ein unterhaltsamer Zeitvertreib und sie können mit den damit verbundenen Gefahren umgehen. Bestimmt das Glücksspiel jedoch den Alltag der Spieler*innen, kann eine Glücksspielsucht vorliegen. Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) weisen in Deutschland etwa eine halbe Millionen Erwachsene problematisches bis pathologisches (krankhaftes) Glücksspielverhalten auf. Für Minderjährige ist die Teilnahme an Glücksspielen verboten (§ 6 JuSchG). Auch die Begleitung oder Anleitung durch Volljährige ändert nichts an diesem Verbot.
Vorsicht: Glücksspiel kann süchtig machen
„Von Glücksspiel ist die Rede, wenn der Einsatz von Geld die Voraussetzung für die Spielteilnahme ist und der Ausgang des Spiels vollständig oder überwiegend vom Zufall abhängt“, erklärt Daniela Senger-Hoffmann, Landeskoordinatorin für Glücksspielsucht bei der Hessischen Landesstelle für Suchtfragen e.V. (HLS). Beispiele für Glücksspiel sind die klassischen Casino-Spiele – wie Poker, Black Jack, Roulette – oder die bunten Geldspielautomaten. Auch Lose, Lotterien, Bingo und Sportwetten gehören dazu. Sie alle können süchtig machen.
Das Suchtpotential von Glücksspielen wird von verschiedenen Faktoren bestimmt (Hayer/Meyer 2003 und Robin/Berger 2015):
- Verfügbarkeit: Je leichter Dein Zugang zum Glücksspiel ist, desto stärker ist die Gefahr für Dich, abhängig zu werden.
- Spieldauer und -häufigkeit: Mit Spieldauer ist der Abstand zwischen dem Einsatz und dem Spielergebnis sowie der möglichen Gewinnausschüttung gemeint. Je kürzer ein Spiel dauert, desto mehr Spiele kannst Du in einem bestimmten Zeitraum spielen.
- Gestaltung: Licht-, Ton- und Farbeffekte können Dich regelrecht in ihren Bann ziehen. Deswegen haben die bunten und lauten Spielautomaten auch ein besonders hohes Suchtpotential.
- Fast-Gewinne: Knapp daneben ist auch vorbei. Fast-Gewinne bedeuten einen finanziellen Verlust. Sie werden von Spieler*innen aber oft als positiv gewertet. Je häufiger Du verlierst, desto stärker kann Deine Überzeugung werden, beim nächsten Mal (rein statistisch) gewinnen zu müssen. Und je mehr Du verloren hast, desto stärker kann zudem der Drang werden, das verlorene Geld doch noch zurück zu gewinnen.
- Werbung: Positiv gestaltete Werbung kann Dir Spaß und Reichtum versprechen und Dich ungewollt oder ungeplant zum Glücksspiel verleiten.
- Illusion von Kontrolle: Vor allem Sportler*innen und Sportexpert*innen können der Auffassung sein, dass ihr Expert*innenwissen das richtige Wettergebnis berechnen kann. Auch bei Poker kann dieser Trugschluss entstehen. Ähnlich verhält es sich mit Spielautomaten, bei denen Du vermeintlich nur zur richtigen Zeit die Knöpfe drücken musst, um zu gewinnen.
Teilnahme an Online-Glücksspiel ist illegal und strafbar
„Online-Glücksspiele werden im Gegensatz zu klassischen Glücksspielen von Internetdiensten veranstaltet oder vermittelt und über Computer, Tablet, Smartphone oder ähnliche Geräte gespielt“, erklärt Daniela Senger-Hoffmann. Alle oben genannten Glücksspiele werden mittlerweile auch online angeboten. Darüber hinaus gibt es Glücksspiele in sozialen Netzwerken, Glücksspiel-Apps, Wetten auf den Ausgang von Videospielen und mehr (Hayer/Brosowski 2016).
Online-Glücksspiel ist in Deutschland verboten (mit wenigen Ausnahmen) – nicht nur die Veranstaltung, sondern auch die Teilnahme (§ 4 GlüStV). Teilnehmer*innen können mit einer Freiheitsstrafe (Gefängnis) von bis zu sechs Monaten oder einer Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen bestraft werden (§ 285 StGB).
„Ein Recht auf Ausschüttung der Gewinne gibt es bei illegalem Online-Glücksspiel übrigens nicht“, sagt Daniela Senger-Hofmann.
Online-Glücksspiel: Leicht verfügbar und wenig kontrolliert
Die Risiken, die es beim klassischen Glücksspiel gibt, können sich online vervielfachen. Das hat mehrere Gründe (Hayer/Meyer 2003 und Robin/Berger 2015):
- Leichter verfügbar: Glücksspielseiten im Internet sind rund um die Uhr erreichbar. Es gibt keine Sperrzeiten. Fast jeder Haushalt in Deutschland hat inzwischen Internetzugang. Viele Menschen haben über ihre Smartphones auch unterwegs jederzeit die Möglichkeit, ins Internet zu gehen.
- Interaktiveres Spielen: Glücksspiel kann im Internet leicht(er) live und interaktiv gestaltet werden. Bei Sportwetten kannst Du zum Beispiel noch während des Spiels Wetten abgegeben. Miteinbezogen werden können dann unter anderem auch Ergebnisse anderer Spiele oder unvorhergesehene Ereignisse wie Verletzungen bei Spieler*innen.
- Fehlende soziale Kontrolle: Wenn Du Glücksspiele von zuhause aus betreibst, hast Du unter Umständen keine Menschen um Dich, die Dir Grenzen aufzeigen. Zeit und Geld können schnell verspielt sein, ohne dass Du es richtig merkst.
- Bargeldlose Einsätze: Ob Kreditkarte, PayPal oder Lastschrift – wenn Du Dein Geld gar nicht mehr in die Hand nehmen musst, um es beim Glücksspiel einzusetzen, verlierst Du den Bezug und die Übersicht über die Höhe Deiner Einsätze.
- Mangelhafter Jugendschutz: Minderjährige könnten sich unter Angabe falscher Daten Zugang zu Online-Glücksspielen verschaffen.
- Verstärkte Werbung: Vorgeschaltete Werbespots auf Video-Plattformen und Anzeigen in den sozialen Medien begegnen uns fast täglich. Für die Anbieter*innen von Online-Glücksspielen ist das eine willkommene Möglichkeit, Neukund*innen zu werben oder diejenigen, die mit dem Glücksspiel eigentlich schon längst aufgehört hatten, wieder zurück zu locken. So kannst Du auch ungewollt in Kontakt mit Glücksspielen kommen.
Glücksspielsüchtig: Verheerende Folgen möglich
„Glücksspielsucht kann die Persönlichkeit der Betroffenen verändern. Das Spielen rückt immer stärker in den Lebensmittelpunkt, während alle anderen Bedürfnisse und Interessen dahinter zurücktreten würden“, erklärt Daniela Senger-Hoffmann das Suchtverhalten der Betroffenen. „Soziale Kontakte werden immer seltener aufrechterhalten und dann oft als Geldbeschaffungsmöglichkeit genutzt. Knapp drei Viertel der Glücksspielsüchtigen hat hohe Schulden. Die Beziehung zu Familie und Freund*innen wird zunehmend schwieriger. Andere Freizeitaktivitäten nehmen häufig ab, bis hin zur kompletten Aufgabe.“
„Glücksspielsüchtige haben unter allen Suchtkranken die höchste Selbstmordrate“, erklärt Daniela Senger-Hoffmann.
Erste Hilfe: Was tun bei Glücksspielsucht?
Glücksspielsüchtige und ihre Angehörigen müssen nicht alleine mit der Krankheit fertig werden. Es gibt zahlreiche Hilfeangebote – vor Ort, per Telefon oder online. „Allein in Hessen haben wir 15 Fachberatungen für Glücksspielsucht“, informiert die Landeskoordinatorin bei der HLS.
- Liste der Beratungsstellen in Hessen
- Beratungsstellen nach Postleitzahl
- Infomaterialien der Hessischen Landesstelle für Suchtfragen e.V. zu Glücksspielsucht
- Selbsttest in nur wenigen Minuten: Wie riskant ist Deine Teilnahme an Glücksspielen?
- Infotelefon der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: 0 800 – 137 27 00 (montags bis donnerstags 10 bis 22 Uhr, freitags bis sonntags 10 bis 18 Uhr, kostenlos und anonym)
- Selbsthilfe-Telefon der anonymen Spieler*innen: 0 18 05 – 10 40 11 (täglich 19 bis 21 Uhr, 14 Cent pro Minute aus dem deutschen Festnetz, abweichende Mobilfunkpreise)
- Professionelle Online-Beratung per E-Mail oder Chat sowie häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Therapie: Bitte informiere Dich bei Deinem Arzt oder in einer Beratungsstelle zu Therapiemöglichkeiten. Die Therapiekosten der Glücksspielsucht werden in der Regel von Krankenkassen und Rentenversicherungen übernommen.
- Selbsthilfegruppe: Der Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen kann eine große Erleichterung und zugleich Unterstützung sein. Eine Liste von Selbsthilfegruppen findest Du bei den anonymen Spieler*innen oder beim Fachverband Glücksspielsucht.
Quellen
- Hayer, Tobias/Brosowski, Tim (2016): Simuliertes Glücksspiel im Internet: Anmerkungen zu möglichen (Sucht-) Gefahren aus psychologischer Sicht, in: rausch, Jahrgang 5, Ausgabe 1, Seite 4-12.
- Hayer, Thomas/Meyer Gerhard (2003): Das Suchtpotential von Sportwetten, in: Sucht, Jahrgang 49, Ausgabe 4, Seite 212-220.
- Berger, Fabian/Robin, Dominik (2015): Online-Glücksspiel und Prävention, in: SuchtMagazin, Ausgabe 6, Seite 37-40.