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Auge, Die Linse ist voll mit Social Media Logos

Bild: geralt / pixabay.com

Hooked-Zyklus: Wollen soziale Medien uns süchtig machen?

06 Oktober 2022

Lesezeit 5 Minuten

Hast du schon einmal von Addictive Design gehört? Oder kennst du das: Länger am Handy bleiben als geplant? Lieber endlos TikTok-Videos ansehen anstatt die Wohnung zu putzen? Facebook checken, obwohl Du nur kurz auf die Uhr gucken wolltest? Ungeduldig auf eine Antwort auf Deine WhatsApp-Nachricht warten, die schon vor zwei Stunden gelesen wurde? Heute eigentlich schon alle Instagram-Stories durchgeguckt? Und bei Snapchat die Streaks gepflegt?

Klingt ganz schön stressig, oder? Warum lassen sich trotzdem viele von uns auf diesen digitalen Stress ein? Was fasziniert uns so an der kunterbunten Welt sozialer Medien? Wie ziehen sie uns in ihren Bann? Wie halten sie uns bei Laune? Die Antwort darauf ist ganz einfach: Mit psychologischen Tricks. Die Entwickler*innen sozialer Netzwerke und Apps arbeiten eng mit Psycholog*innen zusammen. Mit dem Ziel, dass wir möglichst häufig und möglichst lange ihre Dienste nutzen.

Wozu Addictive Design? Über Zeit, Geld und Daten

Warum? Je mehr Zeit wir mit ihren Anwendungen verbringen, desto mehr Datenspuren hinterlassen wir. Was gefällt uns, was nicht? Wofür interessieren wir uns, wofür nicht? Wonach suchen oder recherchieren wir aktuell? Wen kennen wir, wir mögen wir? Mit wem unternehmen wir häufig etwas? Und so weiter und so fort. Je mehr Daten die Betreiber*innen von uns haben, desto gezielter können sie Werbeanzeigen platzieren. Und mit solchen Anzeigen verdienen sie ihr Geld. Denn nur weil die meisten Netzwerke und Apps kein Geld kosten, heißt das nicht, dass wir sie gänzlich ohne Gegenleistung nutzen dürften. Wir bezahlen mit unseren Daten.

Finger tippt auf Handy, aus dem Handy fliegen viele Medien-Symbole

Bild: geralt / pixabay.de

Nicht schlimm, denkst du dir? Denn Du hast ja nichts zu verbergen? In sozialen Netzwerken geht es allerdings nicht nur um Datenschutz und Privatsphäre. Die gesammelten Daten über Dich können dazu genutzt werden, Dich noch länger auf den Plattformen zu halten. Beispielsweise indem Du überwiegend Inhalte angezeigt bekommst, die Dir gefallen oder dich emotional treffen. Huch, schon so spät? Eigentlich wolltest Du doch früh schlafen gehen, weil Du morgen einen wichtigen Termin hast. Mithilfe deines Datenprofils kann zudem versucht werden, dich zu manipulieren. Ob Wahlkampf, Radikalisierung oder einfach nur die nächste Kaufentscheidung für ein Produkt – die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig.

Addictive Design und unsere Gesundheit

Und dann wäre da noch die Sache mit der Gesundheit. Soziale Medien sind per se erstmal nicht gesundheitsschädlich. Wer zu viel Zeit mit ihnen verbringt und sich durch ihre Inhalte leicht beeinflussen lässt, kann aber durchaus gesundheitlichen Schaden nehmen. Essstörungen, schwaches Selbstwertgefühl und Abhängigkeit sind Beispiele dafür. Daher ist es wichtig, dass Du die psychologischen Tricks der Entwickler*innen kennst. Denn dann kannst Du Dich vor ihnen besser schützen.

In unserer Themenreihe „Addictive Design“, die heute beginnt, besprechen wir viele dieser Tricks, erklären welche psychologischen Theorien dahinterstecken und geben dir Tipps zur Selbsthilfe. Außerdem bieten wir am 13. Oktober 2022 ein Webinar (hier mehr Infos) mit dem Psychologen Prof. Dr. Christian Montag an. Er forscht seit Jahren zu digitalen Süchten und hat im letzten Jahr ein Buch zu genau diesem Thema veröffentlicht: „Du gehörst uns! Die psychologischen Strategien von Facebook, TikTok , Snapchat & Co – und wie wir uns vor der großen Manipulation schützen“ (2021).

Bücher von Christian Montag und Nir Eyal

Foto: Saskia Rößner / webcare+

Hooked-Zyklus: Anleitung zum Süchtig-machen

Zunächst schauen wir jedoch in ein anderes Buch: „Hooked – Wie sie Produkte erschaffen, die süchtig machen“ von Nir Eyal (2014). Nir Eyal ist ein Psychologe und Produktdesigner. Sein Buch wurde weltweit zum Bestseller und gilt im Silicon Valley, der Heimat vieler sozialen Netzwerke und Apps, als Basislektüre. Nir Eyal beschreibt darin, wie man menschliche Gewohnheiten trainieren, Verhalten manipulieren und zur regelmäßigen Nutzung unnötiger Produkte verleiten kann. Um diesen Prozess zu erklären, hat Nir Eyal den Hooked-Zyklus entworfen:

Hooked-Zyklus nach Nir Eyal

Grafik: Hooked Zyklus nach Nir Eyal, S. 13

Ein innerer oder äußerer Auslöser führt zu einer Handlung. Diese Handlung wird mal belohnt, mal nicht belohnt (= variabel). Die Belohnung veranlasst uns zu einer erneuten Investition. Wie das im Einzelnen konkret aussehen kann, hat Christian Montag in seinem Buch anhand eines Beispiels verdeutlicht:

Bücher von Christian Montag und Christian Montag

Grafik: Hooked-Zyklus nach Christian Montag, S. 141

Falls Dir das jetzt noch zu kompliziert ist, keine Sorge. In unseren kommenden Blogbeiträgen werden wir die einzelnen Punkte Schritt für Schritt und leicht verständlich durcharbeiten und erklären.

Übersicht Themenreihe Addictive Design

In den nächsten Wochen werden wir uns ausführlich mit folgenden Design-Elementen und ihren psychologischen Hintergründen befassen:

  • Farbgestaltung und Farbenpsychologie
  • Notifications, Lesebestätigungen, Autoplay, Nudging und sozialer Druck
  • Stories und Fear of Missing Out (FOMO)
  • Likes, verstärkendes Lernen und variable Belohnung
  • Infinite Scrolling, Pull-to-Refresh und Bildschirmzeiten
  • Besitztumseffekt, Social Media-Konten und Avatare

Zu allen Themen und Blogbeiträgen posten wir während der gesamten Zeit auch auf Facebook, Twitter und Instagram.

Themenreihe Addictive Design

Dieser Blogbeitrag ist Teil der Themenreihe zu Addictive Design. Weitere Blogbeiträge aus dieser Reihe: 

Quellen

Nir Eyal (2014): Hooked – Wie sie Produkte erschaffen, die süchtig machen.

Christian Montag (2021): Du gehörst uns! Die psychologischen Strategien von Facebook, TikTok, Snapchat & Co – und wie wir uns vor der großen Manipulation schützen.

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