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Pinker Hintergrund, davor zwei Sprechblasen. Die erste fragt: "E-Mails?". Die zweite antwortet: "Fasten!"

Foto: padrinan/pixabay

Digitales Fasten: 6 Wochen (fast) ohne E-Mails

09 April 2020

Lesezeit 7 Minuten

Digitales Fasten liegt im Trend. Manche nennen es auch Digital Detox. Wobei Detox eher für eine Entgiftung steht, also den kompletten Verzicht auf etwas. Laut dem Duden steht Detox für die „durch spezielle Ernährung, durch Abstinenz oder ähnliches bewirkte Befreiung des Körpers oder der Seele von (gesundheits-) schädlichen Substanzen oder Einflüssen“.

Fasten bedeutet hingegen auferlegte Einschränkungen und Bußübungen während der Fastenzeit. Das heißt, hier wird eingeschränkt, aber nicht unbedingt komplett verzichtet. Vollständig auf Digitales zu verzichten, ist in unserer digitalisierten Gesellschaft auch fast unmöglich. Vor allem beruflich wird bei manchen von uns digital viel erwartet. Digital Detox ist also eher ein Wunschtraum. Digitales Fasten ist jedoch möglich. Und es lohnt sich, das einmal selbst auszuprobieren.

Um herauszufinden, was du fasten könntest, helfen dir vielleicht diese Fragen:

  • Über welches digitale Angebot ärgerst Du Dich am häufigsten?
  • Womit verbringst (vielleicht: verschwendest?) Du besonders viel Zeit?
  • Welches digitale Angebot lenkt sich am meisten ab?

Internet fasten? Social Media fasten?

Digitales Fasten ist besonders schwierig, wenn man in einem durchdigitalisierten Beruf arbeitet. Als Projektkoordinatorin von webcare+ bin ich zu 90 Prozent Online-Redakteurin. Auf das Internet verzichten? Unmöglich! Social Media fasten? Keine Chance! (Außer im Urlaub.)

Eigentlich wollte ich letztes Jahr schon digital fasten, aber damals fehlte mir einfach eine umsetzbare Idee. Ende des Jahres wurde es bei mir dann etwas stressig. Beruflich musste viel erledigt werden, bevor der Weihnachtsurlaub anstand. Aber auch privat prasselte es Nachrichten auf mich herunter.

E-Mails fasten

Ich habe ein paar Menschen in meinem Freundeskreis, die E-Mails lieben. Zumindest kommt es mir so vor. Wegen jeder Kleinigkeit bekomme ich eine Mail. Und häufig werde ich unnötigerweise in Mails in Kopie (CC) gesetzt. So kommt es, dass ich von diesen Absender*innen teilweise 20 Mails an einem Tag bekomme, von denen nur eine einzige eine Antwort oder Aktion von mir erfordert.

Die ständigen Pings auf dem Laptop, die roten Punkte in meiner Mail-App – ich war einfach nur noch genervt. Da schlug sie dann wie ein Blitz in mich ein: Eine Fasten-Idee, die tatsächlich umsetzbar schien. Ich verzichte auf E-Mails, also fast. Ich schränke meine E-Mail-Nutzung soweit wie möglich ein, reduziere sie auf ein Minimum. Dabei wollte ich drei Kategorien unterscheiden:

  1. Private E-Mails
  2. Berufliche E-Mails
  3. E-Mails auf dem Smartphone
Bunt gestreifter Hintergrund, an den ein Briefumschlag gepinnt ist. Auf dem Umschlag steht: "E-Mails? Jetzt nicht!"

Foto: geralt/pixabay

Private E-Mails: 1 Mal wöchentlich

Einmal pro Woche – so selten wollte ich in mein privates E-Mail-Postfach gucken. An welchem Wochentag das geschieht, wollte ich jedoch nicht festlegen. Vielleicht hätte ich das tun sollen, denn letztlich habe ich wohl doch etwas häufiger als wöchentlich meine Mails gecheckt. Das lag vor allem an einem Punkt: Ab und zu musste ich einfach mal eine Mail schreiben. Und wenn ich schon einmal in meinem Postfach bin, dann kann ich ja auch gleich mal überfliegen, was da so reingekommen ist.

Immerhin hatte ich so viel Disziplin, nicht alle Mails sofort zu öffnen. Ich habe nur den Betreff gelesen. Geantwortet habe ich dafür wirklich nur einmal pro Woche. Manche E-Mails habe ich absichtlich sieben Tage oder länger liegen gelassen, bevor ich zurück geschrieben habe – nur um die Menschen zu ärgern, die mich mit E-Mails bombardiert hatten. Das hat mir sogar Spaß gemacht und ich war dann auch ein bisschen stolz auf mich, dass ich es so lange ausgehalten habe.

Ich habe übrigens in meiner E-Mail-Signatur und in einer automatischen Antwort meine E-Mail-Kontakte darauf hingewiesen, dass ich E-Mails faste und in der Fastenzeit nur selten in meine Mails gucke. Bei dringenden Dingen sollten sie doch bitte anrufen. Und siehe da: Niemand hat angerufen, keine meiner eingegangenen Mails erforderte eine zeitnahe Antwort. Im Nachhinein gibt mir das ein sehr beruhigendes Gefühl.

Berufliche E-Mails: 1 Mal am Tag

Die E-Mails, die ich für meinen Job bekomme, sind natürlich wichtig. Einfach eine Woche lange nicht ins Postfach zu gucken, das geht da nicht. Hier habe ich mir das Ziel gesetzt, nur einmal täglich reinzuschauen. Meine Kolleg*innen habe ich vorab informiert. Und eine Signatur und automatische Antwort gab’s auch hier. Dazu habe ich noch den Ton meines Arbeits-Laptops und die Push-Benachrichtigungen des Mailprogramms ausgestellt, sodass ich auch nie direkt mitbekommen habe, wenn eine neue Mail reinkam.

Und was ist mit den vielen Newslettern, die ich von interessanten Projekten und Institutionen abonniert habe? Ich habe in den letzten sechs Wochen nur einen einzigen dieser Newsletter regelmäßig gelesen. Die restlichen habe ich einfach ignoriert und erstmal in einen Unterordner meines Posteingangs verschoben – falls ich nach der Fastenzeit nochmal etwas nachlesen möchte.

Das Ergebnis meines Vorgehens war, dass ich gefühlt viel mehr Zeit hatte. Ich habe mir einmal täglich die Zeit genommen, meine Mails zu lesen und (falls nötig) zu beantworten. Den restlichen Arbeitstag konnte ich ruhig und konzentriert arbeiten. Ich wurde weder durch Töne noch durch Pop-Ups unterbrochen. Es fiel mir so viel leichter, für die webcare+ Blogbeiträge zu recherchieren. Und erst das Schreiben! Häufig konnte ich ganze Artikel in einem Rutsch durchschreiben. Danach habe ich mich manchmal gewundert, wie schnell und flüssig das gehen kann – wenn ich mich nur einfach nicht ablenken lasse.

Dieses Erfolgserlebnis hat mich bewogen, ab und zu auch mein Handy stumm zu schalten. Wenn ich mich an einen Blogartikel gesetzt habe, wurden Ton und Vibration deaktiviert. Das hat noch einmal für mehr Ruhe gesorgt. Apropos Handy, da wären wir schon beim nächsten Punkt.

E-Mails auf dem Smartphone: Deinstallieren

Erst wollte ich einfach nur die Benachrichtigungen meiner E-Mail-App deaktivieren. Dann habe ich mich doch dazu entschlossen, die App ganz zu deinstallieren. Sicher ist sicher.

Ehrlich gesagt, finde ich es auch oft nervig, eine E-Mail auf dem Handy zu lesen oder zu schreiben. Beim Lesen stimmen häufig die Formatierungen nicht. Das Schreiben von längeren Texten dauert mir auf dem Smartphone einfach zu lange. Wer wie ich viele Texte am Laptop schreibt, versteht mich sicherlich. Die Finger tippen da häufig so schnell, dass man mit den Augen gar nicht hinterher kommt. Am Handy dauert das alles länger.

Also: E-Mail-App deinstalliert. Hier muss ich vielleicht noch erklären, dass ich nur meine privaten E-Mails aufs Handy bekam. Die beruflichen Mails bearbeite ich ausschließlich über mein Arbeits-Notebook. Dass ich die Mail-App vom Handy geworfen habe, hat verhindert, dass ich doch (aus Versehen?) täglich in mein Postfach schaue.

Hellblauer Hintergrund. Von links kommt eine Hand ins Bild, die einen leeren Briefumschlag hält.

Foto: Erica Steeves/Unsplash

Mein Fazit zum E-Mail-Fasten

Dass ich ausgerechnet E-Mails faste, hat ein paar Menschen in meinem Freundeskreis verwundert. Wirklich beschwert hat sich allerdings niemand. Ich hatte insgeheim gehofft, die Leute, die mich sonst mit Mails zuschütten, würden es dann einfach sein lassen. Diese Hoffnung hat sich leider nicht bestätigt. Aber: Ich bin eindeutig entspannter. Wenn jetzt mal wieder so ein 20-Mails-Marathon auf mich zukommt, rege ich mich nicht mehr darüber auf. Ich verdrehe die Augen, klicke mich kurz durch und das war’s.

Vor allem beruflich hat mir das E-Mail-Fasten einige Vorteile gebracht:

  • Weniger Ablenkung
  • Mehr Konzentration
  • Schnelleres bzw. effizienteres Arbeiten

Die Mail-App habe ich inzwischen wieder auf meinem privaten Handy installiert. Aber nur, weil ich meinen privaten Laptop nicht so häufig nutze. Über das Smartphone kann ich ab und an meine Mails checken. Beantwortet wird aber weiterhin nur über den Computer. Die Benachrichtigungen der App sind deaktiviert.

Digitales Fasten für Zwischendurch

Nicht nur E-Mails, auch das Smartphone kann unsere Konzentration negativ beeinflussen. Warum? Das haben wir uns in diesem Blogbeitrag angeguckt.

Das hier ist übrigens nicht unser erster Blogbeitrag zum Thema E-Mail. Wir haben uns schon einmal mit überfüllten Posteingängen befasst und Tipps gesammelt, wie sich das vermeiden lässt. Die Tipps gegen den E-Mail-Terror kannst Du hier nachlesen.

Und auch mit dem Thema digitales Fasten beschäftigen wir uns nicht zum ersten Mal. Cynthia berichtet in einem Gastbeitrag, wie sie in der Fastenzeit auf WhatsApp verzichtet hat und was das mit ihr gemacht hat.

Und jetzt bist Du dran! Kannst Du Dir vorstellen, auch mal digital zu fasten? Worauf würdest Du gerne mal eine Zeit lang verzichten? Um zu Fasten (oder etwas weniger zu machen als sonst), musst Du nebenbei bemerkt nicht auf die nächste Fastenzeit warten. Du kannst jeden Tag starten, egal wann, egal wie lange. Probier’s doch einfach mal aus!

Programmiersprache. Ein Bildschirm voller Nullen und Einsen. In der Mitte sind einige Nullen Einsen rot gefärbt und bilden zusammen ein Herz. Digitale Ethik: Wie können wir im Internet gut miteinander leben? Ein Wecker. Zeitlimits für Instagram und Facebook festlegen
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