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Gesicht von der Seite, dahinter Nummern und Zeichen

Foto: geralt/pixabay

Wie Algorithmen Deine Social Media-Nutzung beeinflussen

14 März 2019

Lesezeit 7 Minuten

Den Begriff „Algorithmus“ hast Du vielleicht schon einmal gehört. Was genau damit gemeint ist und wie das ganze technisch funktioniert, wollen wir Dir hier erklären. Das ist allerdings gar nicht so einfach. Warum? Zum einen gibt es gar keine einheitliche Definition von Algorithmus. Zum anderen ist die detaillierte Funktionsweise ein streng behütetes Geheimnis (Herder 2018).

Es ist also überhaupt nicht verwunderlich, falls Du mit Algorithmen nicht so recht etwas anzufangen weißt. Und damit bist Du in Deutschland nicht alleine. Einer Studie der Bertelsmann Stiftung zufolge, haben fast drei Viertel der Befragten schon einmal den Begriff Algorithmus gehört. Nur jede*r zehnte weiß aber, wie sie funktionieren. Vielen ist zudem gar nicht bewusst, wo Algorithmen überall zum Einsatz kommen (Fischer/Petersen 2018).

Dennoch – oder gerade deswegen – möchten wir versuchen, Dir ein Bild davon zu vermitteln, was Algorithmen sind. Und: Wie sie Deine Internetnutzung beeinflussen, vor allem in den sozialen Medien.

Drei junge Menschen stehen an einem Zaun und gucken auf ein Handy.

Foto: Eliott Reyna/Unsplash

Was sind Algorithmen? Und wo sind sie?

Einfach ausgedrückt: Algorithmen entscheiden automatisiert, was Du im Internet angezeigt bekommst und was nicht. Aber auch in der realen Welt kommen sie zum Einsatz. Hier einige Beispiele für ihre Anwendung on- und offline (Fischer/Petersen 2018, Papsdorf/Jakob 2017, Stöcker/Lischka 2018):

  • Reihenfolge der Ergebnisse in Suchmaschinen
  • Produktempfehlungen und Preise in Onlineshops
  • Einschätzung Deiner Kreditwürdigkeit
  • Personalisierte Werbeanzeigen
  • Dating-Vorschläge in Singlebörse
  • Welche Beiträge Du in sozialen Netzwerken siehst
  • Routenplanung in Navigationssystemen
  • Überprüfung Deiner Rechtschreibung in Office-Programmen
  • Bei der Wettervorhersage

Algorithmen: Unsichtbar, intransparent und einflussreich

Du siehst: Algorithmen sind weit verbreitet und begegnen Dir fast täglich – eventuell ohne dass Du es merkst. Sie sind nicht prinzipiell schlecht und können in unserem Alltag sogar äußerst nützlich sein. Aber sie haben auch ihre Schattenseiten (Dang-Ahn/Einspänner/Thimm 2013, Herder 2018):

  • Einflussreich: Sie wirken als starker Filter zwischen all den Informationen im großen weiten Internet und dem kleinen Ausschnitt, den Du davon zu sehen bekommst. Das heißt, dass sie einen starken Einfluss auf Deine Wahrnehmung und vielleicht auch auf Deine Meinungsbildung haben können.
  • Intransparent: Wie genau Algorithmen funktionieren, warum sie welche Entscheidungen treffen, wissen nur die Anbieter*innen (Google, Facebook & Co) selbst.
  • Unsichtbar: Häufig ist für Dich gar nicht oder zumindest nicht auf den ersten Blick ersichtlich, wo und wann sie zum Einsatz kommen und Deine Onlinenutzung beeinflussen.
Drei Filterblenden einer Kamera liegen auf Asphalt.

Foto: danymena88/pixabay

Soziale Netzwerke, Interaktion und Interessen

Insbesondere in den sozialen Medien spielen Algorithmen eine einflussreiche Rolle.

Ein Beispiel: Emily hat in einem sozialen Netzwerk 250 Freund*innen. In ihrem Newsfeed (Liste der Beiträge auf der Startseite) bekommt Sie aber nur die Beiträge von etwa 20 Freund*innen angezeigt. Warum? Weil der Algorithmus des sozialen Netzwerkes berechnet hat, dass Emily die Posts dieser 20 Leuten wohl am interessantesten findet.

Doch wie kommt er zu dieser Einschätzung? Der Algorithmus guckt sich an, wie häufig Emily in der Vergangenheit bei Beiträgen gestoppt, gelesen, geklickt, geliked, geteilt und kommentiert hat. Je mehr Interaktion bisher zwischen zwei Nutzer*innen stattgefunden hat, desto höher stuft der Algorithmus das gegenseitige Interesse ein (Stöcker/Lischka 2018).

Vielleicht denkst Du jetzt: „Hey, das ist doch praktisch.“ Es bedeutet aber leider auch, dass Du nicht alle Neuigkeiten Deiner Freund*innen angezeigt bekommst. Und umgekehrt: Deine Freund*innen bekommen nicht alle Deine Beiträge angezeigt. Das soziale Netzwerk entscheidet darüber, was Du von Deinen Freund*innen siehst und was nicht.

Und es gibt noch einen weiteren Nachteil: Je aktiver Du in dem sozialen Netzwerkt unterwegs bist, desto mehr Leute sehen Deine Posts. Eine hohe Interaktion führt zu hoher Sichtbarkeit. Das heißt jedoch auch, dass Du nur dann viele Deiner Freund*innen erreichen kannst, wenn Du das soziale Netzwerk oft und aktiv nutzt. Beiträge von aktiven Nutzer*innen werden besser platziert als diejenigen von passiven  Nutzer*innen. So schaffen soziale Netzwerke starke Anreize, möglichst viel Zeit in ihnen zu verbringen, möglichst häufig und öffentlich zu kommunizieren (Katzenbach 2017).

Eine Sanduhr, in der oben ein Mensch sitzt.

Bild: xaviandrew/pixabay

Algorithmen, Fake News und Hate Speech

Wenn Emily ein Foto ihres Gemüsegartens postet, werden das nicht alle 250 Freund*innen sehen. Nur denjenigen, mit denen sie im regen Austausch steht, oder die generell Interesse an Gärtnerei haben, wird es angezeigt. Hier kommen wir zum nächsten Faktor: Die sozialen Medien beobachten Dein Nutzungsverhalten. Sie dokumentieren, welche Interessen Du hast, was Dir gefällt und was nicht. Auch das fließt in den Algorithmus mit ein. Dir wird angezeigt, was Dich interessiert. Was Dich nicht interessiert, bleibt Dir verborgen (Herder 2018).

Auch das kann im ersten Moment vielleicht praktisch wirken, es verzerrt jedoch Deine Wahrnehmung. Vor allem dann, wenn Du Informationen hauptsächlich über Suchmaschinen und soziale Netzwerke aufnimmst. So kannst Du Gefahr laufen, Dir Deine eigene kleine Welt aus den Dir angenehmen Informationen zu bauen. Die Realität muss damit nicht zwangsläufig übereinstimmen. Diese „mobile Totalindividualisierung der medialen und kommunikativen Umwelt“ hat in Zeiten des Smartphones und des Zeitungssterbens besonders leichtes Spiel (Stöcker/Lischka 2018).

Besonders deutlich wird das bei Nachrichten: Ob eine Nachricht der Wahrheit entspricht oder nicht, ist dem Algorithmus egal. Für ihn ist vielmehr von Bedeutung, wie viele Reaktionen (Likes, Shares, Kommentare) die Nachricht bekommt. Ein emotional aufgeladener oder provozierender Kommentar wird daher häufiger angezeigt und stärker verbreitet als eine sachlich formulierte Meldung.

Algorithmen können somit Filterblasen, Echokammern, Fake News (Falschmeldungen) und Hate Speech (Hasskommentare) verstärken. Diese können mehr Aufmerksamkeit bekommen als Bilder und Nachrichten, die für die Gesellschaft von hohem Interesse oder hoher Wichtigkeit sind (Katzenbach 2017, Stöcker/Lischka 2018).

Drei Mal Kermet, der Frosch, der sich wie die drei chinesischen Affen Ohren, Augen und den Mund zuhält.

Foto: Alexas_Fotos/Pixabay

Risiken von Algorithmen in sozialen Netzwerken zusammengefasst:

  • Du bekommst überwiegend angezeigt, worauf Du zuvor schon oft reagiert hast, neue Themen erreichen Dich schwerer
  • Du bekommst hauptsächlich angezeigt, was Dich interessiert und/oder Deine Meinung wiederspiegelt, gegenteilige Ansichten werden Dir vorenthalten
  • Falschmeldungen und Hasskommentare werden bevorzugt verteilt
  • Algorithmen können Dich dazu verleiten, noch mehr Zeit in den sozialen Netzwerken zu verbringen, um die Sichtbarkeit Deiner Posts zu erhöhen
Quellen:
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