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Mensch schreit und packt sich an den Kopf

Foto: Aaron Blanco Tejedor / Unsplash.com

Nomophobie: Hast Du Angst, ohne Handy aus dem Haus zu gehen?

20 August 2020

Lesezeit 7 Minuten

Hast Du schon einmal von Nomophobie gehört? Eine Phobie ist eine krankhafte Angst. Aber wer ist dieser Nomo? Nomo hat etwas mit Handys zu tun. Was genau, erklären wir Dir in diesem Blogbeitrag.

Smartphones sind eine tolle Erfindung. Wir können immer und überall online sein. Nun ja, zumindest wenn wir gerade Internetempfang haben. Nach dem Aufwachen erstmal Nachrichten checken, unter der Dusche Podcast hören, im Bus ein paar Herzchen auf Instagram verteilen, in der Mittagspause Katzenfutter online bestellen, zwischendurch mal schnell „Nomophobie“ googlen, auf der Heimfahrt in den Online-Kleinanzeigen ein Schnäppchen ergattern und es dank Navi-App auch sofort abholen können und so weiter…

Das Smartphone ist ein praktisches Allzweckwerkzeug, auf das wir uns immer verlassen können. Oder doch nicht? Ist es Dir schon einmal passiert, dass Du aus Versehen Dein Handy zuhause vergessen hast? Und weil Du einen Termin hattest, konntest Du auch nicht mehr zurück, um es noch zu holen? Wie hast Du Dich dabei gefühlt? Komisch, panisch oder alles cool? Hast Du den unfreiwilligen Digital Detox Tag genossen? Oder hast Du Dir den ganzen Tag über Sorgen gemacht, dass Du nicht erreichbar bist, andere nicht wie gewohnt erreichen kannst und vielleicht etwas Wichtiges verpasst? Hast Du Dich deswegen richtig schlecht gefühlt? Dann kennst Du ihn vielleicht bereits, diesen Nomo.

Nomophobie: Was ist das?

Der englische Begriff Nomophobia ist aus mehreren Wörtern zusammengesetzt: No Mobile Phone Phobia (= etwa „Kein Mobiltelefon Angststörung“). Nomophobie bezeichnet also die starke Angst, ohne Handy unterwegs zu sein und nicht online sein zu können.

Aus Deutschland gibt es hierzu leider noch keine Studien, weltweit jedoch mehr als 30 (Rodríguez-García et al. 2020). Ein indisches Forschungsteam rund um Dr. Sudip Bhattacharya hat folgende Symptome für eine Nomophobie erkannt:

Symptome / Anzeichen von Nomophobie:

  • Angst (anxiety)
  • Veränderung der Atmung (respiratory alterations)
  • Zittern (trembling)
  • Schwitzen (perspiration)
  • Unruhe (agitation)
  • Orientierungslosigkeit (disorientation)
  • Herzrasen (tachycardia)

Allerdings weist das Forschungsteam darauf hin, dass sich diese Symptome mit denen einiger anderer psychischer Erkrankungen decken. Deshalb ist es nicht so einfach, herauszufinden, ob jemand wirklich unter Nomophobie leidet oder beispielsweise unter einer anderen Angststörung.

Außerdem sei noch nicht hinreichend geklärt, welchen Zusammenhang Nomophobie mit anderen psychischen Krankheiten hat. Begünstigen psychische Störungen die Entstehung einer Nomophobie? Oder andersherum? Oder beides? Und welchen Zusammenhang gibt es zwischen Internetsucht, Handysucht oder Nomophobie?

Person steht auf einer Brücke und hält ein Smartphone in der Hand.

Foto: freestocks / Pixabay.com

Leidest Du unter Nomophobie?

Um die Diagnose von Nomophobie zu erleichtern, haben zwei Forscher*innen aus den USA einen Fragebogen entwickelt (Yildirim & Correia 2015). Er umfasst 20 Fragen zur Handynutzung und den Gefühlen, die wir damit verbinden. Wir haben die Fragen für Dich ins Deutsche übersetzt.

Nomophobie Fragebogen

  1. Fühlst Du Dich unwohl, wenn Du nicht ständig Zugang zu Informationen hast?
  2. Ärgert es Dich, wenn Du nicht nach Informationen suchen kannst?
  3. Macht es Dich nervös, wenn Du keine Neuigkeiten (zum Beispiel Wetter oder Veranstaltungen) abrufen kannst?
  4. Ärgert es Dich, wenn Du die Funktionen Deines Smartphones nicht nutzen kannst?
  5. Bekommst Du Angst, wenn der Akku Deines Smartphones (fast) leer ist?
  6. Gerätst Du in Panik, wenn Du kein Guthaben oder Datenvolumen mehr hast?
  7. Wenn Du keinen Empfang oder WLAN hast, überprüfst Du dann ständig, wann Du wieder Zugriff darauf hast?
  8. Hättest Du ohne Smartphone Angst, Dich zu verlaufen?
  9. Wenn Du eine Weile nicht auf Dein Handy geguckt hast, verspürst Du dann den Drang, dies zu tun?
  10. Fühlst Du Dich ohne Smartphone ängstlich, weil Du nicht sofort mit Familie oder Freund*innen kommunizieren kannst?
  11. Ohne Handy würdest Du Dir Sorgen machen, weil Familie und Freund*innen Dich nicht erreichen können?
  12. Wenn Du ohne Smartphone unterwegs wärst, bist Du dann nervös, weil Du keine Nachrichten und Anrufe empfangen kannst?
  13. Wärst Du ohne Handy besorgt, weil Du nicht mit Familie und Freund*innen in Kontakt bleiben kannst?
  14. Ohne Handy wärst Du nervös, weil Du nicht weißt, ob jemand versucht hat, Dich zu erreichen?
  15. Würdest Du Dich ängstlich fühlen, weil ohne Smartphone Deine ständige Verbindung zu Familie und Freund*innen unterbrochen ist?
  16. Wärst Du ohne Smartphone nervös, weil Du von Deinen Online-Profilen getrennt bist?
  17. Würdest Du Dich ohne Smartphone unwohl fühlen, weil Du in Social Media nicht auf dem Laufenden bleibst?
  18. Würdest es Dir Unbehagen bereiten, weil Du ohne Handy nicht überprüfen kannst, ob es bei Deinen Kontakten Neuigkeiten gibt?
  19. Ohne Smartphone wärst Du ängstlich, weil Du Deine E-Mails nicht lesen kannst?
  20. Würdest Du Dich komisch fühlen, weil Du ohne Handy nicht weist, was Du tun sollst?

Erste Hilfe bei Nomophobie

Wie viele der Fragen hast Du mit Ja beantwortet? Wenn Du versuchen möchtest, Deine Handygewohnheiten zu ändern, dann schau doch mal in unsere Blog-Kategorie Smartphone. Vor allem diese Blogbeiträge könnten hilfreich für Dich sein:

Wenn du sehr viele der Fragen aus dem Fragebogen mit Ja beantwortet hast, könnte es sinnvoll sein, Dich einmal zu Deiner Handynutzung beraten zu lassen. Ganz unverbindlich und diskret. Zum Beispiel in einer Beratungsstelle, die sich mit (übermäßiger) Mediennutzung auskennt. Solche Beratungsstellen findest Du zum Beispiel hier:

Quellen

  • Bhattacharya et al. (2019): NOMOPHOBIA. NO MObile PHone PhoBIA, in: J Family Med Prim Care, 8:1, 297-300.
  • Rodríguez-García , Moreno-Guerrero & López-Belmonte (2020): Nomophobia. An Individual’s Growing Fear of Being without a Smartphone. A Systematic Literature Review, in: International Journal of Environmental Research and Public Health, 17, 580. https://doi.org/10.3390/ijerph17020580
  • Yildirim & Correia (2015): Exploring the dimensions of nomophobia. Development and validation of a self-reported questionnaire, in: Computers in Human Behavior, 49, 130-137. https://doi.org/10.1016/j.chb.2015.02.059
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