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Bildschirm mit Netflix-Logo

Foto: David Balev / Unsplash.com

Netflix fasten: 6 Wochen ohne Streaming

08 April 2021

Lesezeit 8 Minuten

Die Fastenzeit ist vorbei! Endlich, werden vermutlich einige Menschen denken. Hast Du auch gefastet? Falls ja, auf was hast Du verzichtet? Alkohol, Fleisch, Süßigkeiten oder vielleicht sogar etwas Digitales? Unsere Projektkoordinatorin Saskia hat dieses Jahr auf Streaming verzichtet. Wie es ihr mit dem Netflix Fasten in den letzten sechs Wochen ergangen ist, erfährst Du in diesem Blogbeitrag.

Meine Abende mit Netflix

Auf meinem Nachttisch stapeln sich ungelesene Bücher. Im Keller steht seit Monaten ein Bastelprojekt. Die Balkonmöbel müssten dringend mal wieder geölt werden. Kennst Du das? Jede Menge unerledigte und aufgeschobene Dinge. Und so wenig Zeit. Oder? Wenn ich ehrlich bin: Zeit hätte ich genug. Nur irgendwie fehlt es an Motivation.

Abends nach der Arbeit erstmal etwas Leckeres kochen. Dann vollgefuttert aufs Sofa plumpsen lassen und kurz durchatmen. Aus der kurzen Verschnaufpause wird aber nicht selten ein ganzer Abend dem Sofa. Mit Laptop. Mit Netflix. Bücher und Balkonmöbel sind schnell vergessen, wenn erst einmal die bunten Bilder über den Bildschirm flackern. Dank Autoplay muss ich mich nicht einmal bewegen, um die nächste Serienfolge zu starten. Das übernimmt Netflix für mich. Ich gucke also weiter und weiter und immer so weiter…

Huch, schon so spät?! Vor lauter Bildschirmflimmern und Cliffhangern habe ich ganz die Zeit aus den Augen verloren. Also schnell ins Bett und Äuglein zu, damit ich morgen für die Arbeit wieder fit bin. Aber so richtig abschalten kann ich noch nicht. Meine Serienheld*innen spuken mir noch im Kopf herum. Spannend, was sie da heute erlebt haben. Wie ich wohl in einer solchen Situation reagiert hätte? Ich hänge noch eine ganze Weile meinen Gedanken hinterher bevor ich endlich einschlafe.

6 Wochen Netflix fasten

Seitdem ich für webcare+ arbeite, fasziniert mich die Idee des digitalen Fastens. In meinem ersten Projektjahr hat es leider noch nicht geklappt, zu kurz war die Vorlaufzeit. 2020 habe ich dann in der Fastenzeit meine E-Mails radikal reduziert. Natürlich nur in dem Maße, wie es mein Job zulässt. Das war trotzdem eine sehr interessante Zeit für mich. Ein paar Learnings begleiten mich bis heute. Meinen Erfahrungsbericht dazu kannst Du hier nachlesen.

Anfang 2021 habe ich mich hingesetzt und überlegt, was sich denn sonst noch so digital fasten lässt. Ideen sind mir mehrere gekommen, wie du hier nachlesen kannst. Da mich mein Netflix-Konsum aber schon selbst genervt hat, war meine Entscheidung schnell getroffen: Dieses Jahr verzichte ich in der Fastenzeit auf Netflix und andere Streaming-Dienste.

In diesen sechs Wochen kann ich dann auch gleich die vier ungelesenen Bücher auf meinem Nachtisch durcharbeiten, den Balkon aus dem Winterschlaf holen (inklusive Holzbehandlung) und das Bastelprojekt aus dem Keller holen. Vielleicht gönne ich dem Keller bei der Gelegenheit gleich noch einen Frühjahrsputz. Nötig hätte er es jedenfalls. Also voller Tatendrang auf in die Fastenzeit!

Frau mit Popcorn auf dem Sofa

Foto: jeshoots.com / Unsplash.com

Traumhafte Temperaturen: Balkon statt Netflix

Die erste Woche war die härteste. Natürlich habe ich es nicht geschafft, vor der Fastenzeit die Serie zu beenden, die ich gerade geguckt habe. Ich hätte aber so gerne gewusst, wie es weitergeht. Der Drang hat nach ein paar Tagen aber stückchenweise nachgelassen. Zum Glück war das Wetter zu Beginn der Fastenzeit unerwartet gut (15 Grad und Sonnenschein), sodass ich den Balkon als erstes in Angriff genommen habe. Das hatte ich schon viele Jahre vor mir hergeschoben. Ich dachte, es dauert bestimmt eine halbe Ewigkeit, die Balkonmöbel ein wenig abzuschleifen und dann neu einzuölen. Überraschung: Nach zwei Abenden war ich fertig.

Nach dem Erfolgserlebnis machte sich kurzerhand Langeweile breit. Denn bei den traumhaften Temperaturen wollte ich meine Zeit garantiert nicht im Keller verbringen. Dann wohl doch erstmal ein Buch. Ich nahm mir als erstes das Sachbuch vor und tat mich schwer damit. Zu tröge, um mich wirklich fesseln zu können. Wer feinste Serien-Dramaturgie gewohnt ist, kann sich hier nur schwer bei Laune halten. Also legte ich das Sachbuch im Bücherstapel ganz nach unten und wechselte zu einem Roman. Und hey, da lief es dann auf einmal.

Gehirn schlägt Netflix: Die fast vergessene Fantasie der Bücher

Und wie das lief! Ich hatte schon immer eine blühende Fantasie. Ich kann Figuren und Gesichter erkennen in Wolken und Büschen und überall dort, wo eigentlich keine sein dürften. Ich kann mir die wildesten Welten und Geschichten ausmalen und brauche dafür nicht einmal Stifte. Geht Dir das vielleicht genauso? Stell Dir vor, was ein paar Zeilen aus einem Roman in Deinem Kopf entfalten können. Einfach fantastisch, oder?

Die restlichen Abende der ersten Woche verbrachte ich also mit dem lange fälligen Roman auf meinem frisch hergerichteten Balkon. Die Abendsonne hatte ordentlich Kraft und vor lauter Lesewut bemerkte ich nicht einmal, dass ich einen Sonnenbrand bekommen hatte. Ab dem nächsten Tag war also Lesen mit Sonnenhut angesagt. Ich habe mich gefühlt wie im Sommerurlaub.

Fernbedienung

Foto: Glenn Carstens Peters / Unsplash.com

Ordnung und irgendwie auch Sport: Aufräumen statt Netflix

Bis in den März konnte sich das schöne Wetter noch nicht halten. Also zog ich vom Balkon in den Keller und wagte mich an das Chaos, das dort seit langem herrschte. Mein Bastelprojekt hatte zu meinem Bedauern schon Schimmel angesetzt und wanderte daher in die Mülltonne. Zu lange hatte ich es ignoriert und mich stattdessen mit Netflix beschäftigt. Da war ich kurz richtig wütend auf mich selbst. Diese Wut ließ ich dann beim Aufräumen des Kellerraums raus.

Es war staubig, muffig, anstrengend und schien kein Ende zu nehmen. Am liebsten hätte ich nach dem ersten Abend direkt aufgegeben und alles stehen lassen, wo es gerade stand. Blöd nur, dass ich damit einen Großteil des Kellerflurs blockierte, was die Nachbarn bestimmt nicht so toll gefunden hätten. Ich musste also einen Weg finden, wie ich mich weiter motivieren konnte. Und ich glaube, da habe ich dann doch ein bisschen geschummelt.

Auf die Ohren statt die Augen: Podcast hören beim Netflix fasten

Im Keller war es stickig, dunkel und einsam. Das ist so schon nicht unbedingt ein schöner Ort. Verbunden mit einer unschönen Aufgabe ist es also kein Wunder, wenn man keine große Freude bei dem Gedanken ans Keller-Aufräumen empfindet. Um mich von der tristen Umgebung abzulenken und bei Laune zu halten, habe ich mir mein Handy und einen tragbaren Lautsprecher mit hinunter genommen und meinen aktuellen Lieblingspodcast eingeschaltet. Glücklicherweise habe ich den Podcast erst entdeckt, als es ihn schon viele Jahre gegeben hat. In der Playlist liegen also noch viiieeele Stunden ungehörtes Material für mich.

Ich weiß, ich weiß: Podcasts sind auch eine Form von Streaming. Zwar kein Bildmaterial, sondern nur Audiospuren, aber ich will mich hier nicht rausreden. Immerhin: Beim Hören schaltete sich automatisch meine Fantasie an und malte wieder bunte Bilder an die Innenseite meines Gehirns. Also sind Podcast beim digitalen Fasten wohl das kleinere Übel. Und: Das Aufräumen lief plötzlich wie von alleine. Ganz nebenbei hatte ich innerhalb weniger Abende den kompletten Kellerraum ausgeräumt, ausgemistet, gereinigt und ordentlich wieder eingeräumt. Erfolgserlebnis Nummer 2 in meiner digitalen Fastenzeit.

Mensch mit kleinem Fernseher anstelle eines Kopfes

Foto: Noah Buscher / Unsplash.com

Netflix? Kenn ich nicht! Tipps von meiner Oma

Die zwei Großprojekte waren also geschafft. Ein paar Wochen Fastenzeit lagen aber noch vor mir. Also was tun? Ich hatte ja noch ein paar Bücher und las auch fleißig weiter. Jedoch wollte ich nicht jeden Abend mit Lesen verbringen. Das war mir dann doch ein bisschen zu eintönig. An einem Abend, an dem ich mich partout nicht richtig ins Buch vertiefen konnte, rief ich meine Oma an.

Ich erzählte ihr von meinem digitalen Fasten: Sie musste erstmal nachfragen, was dieses Netflix denn überhaupt sei. Und dann musste sie herzhaft lachen. „Kind, Langeweile ist doch etwas ganz normales“, sagte sie. „Was meinst du, was wir früher ohne die ganze Technik gemacht haben?“ Dann haben wir beide zusammen gelacht. Drei Tipps hat sie mit auf den Weg gegeben, die ich auch alle umgesetzt habe:

  1. Postkarten an alte Freund*innen schreiben, die man schon lange nicht mehr gesehen hat
  2. Ohne Anliegen einfach mal mit geliebten Menschen telefonieren und fragen „Wie geht es dir gerade?“
  3. Kreuzworträtsel

Kreuzworträtsel? Ja, das fand ich anfangs auch etwas albern. Bei Kreuzworträtseln denke ich immer an die älteren Ehepärchen, die ich beim Camping vor ihrem Wohnmobil sitzen sehe. Meine Oma meinte aber, als Kind hätte ich immer viel Spaß dabei gehabt, mit ihr zusammen die Rätsel in ihren Rätselheften zu lösen. Also habe ich mir beim nächsten Einkauf ein Heft mit Kreuzworträtseln mitgebracht. Und siehe da: Schlecht war’s nicht. Es ist jetzt nicht unbedingt die aufregendste Freizeitbeschäftigung, aber die Zeit vergeht dabei wie im Flug. Und ganz nebenbei bekommt man noch eine kleine Portion Allgemeinwissen gratis dazu.

Fazit nach 6 Wochen Netflix fasten

Die restliche Fastenzeit raste an mir vorbei. Plötzlich habe ich Netflix gar nicht mehr vermisst. Die Abende waren selten langweilig, manchmal aktiv und fast immer entspannt. Ich bin durchschnittlich früher schlafen gegangen als zuvor und hatte dadurch tagsüber mehr Elan. Was war noch mal in der letzten Folge der Serie passiert, die ich vor der Fastenzeit geguckt hatte? Ich konnte mich kaum noch daran erinnern. Nicht verwunderlich, denn Binge Watching ist unserem Gedächtnis nicht gerade zuträglich, wie du hier nachlesen kannst.

Ich freue mich jetzt unfassbar auf den Sommer, die wärmeren Temperaturen und viel Zeit auf dem Balkon. Vielleicht pflanze ich ein paar Kräuter an oder bastele ein Insektenhotel. Vielleicht höre ich dabei auch Podcast. Oder ich höre einfach dem abendlichen Vogelgezwitscher zu. Bei schlechtem Wetter gibt’s vielleicht auch mal einen Netflix & Chill Abend. Oder wieder ein gutes Buch, das mich in fantastische Welten entführt. Jedenfalls von allem ein bisschen statt von einem zu viel.

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