Hast Du schon einmal von Phubbing gehört? Beobachtet hast Du es bestimmt schon einmal. Vielleicht hast Du es sogar schon einmal selber gemacht. Oder es wurde schon einmal mit dir gemacht. Wir erklären Dir, was Phubbing ist und welche Folgen es haben kann.
Eine der ersten Technologie-Konzerne, die Handys hergestellt haben, hat sich selbst diesen Werbespruch gegeben: „Connecting People“ (etwa: Wir verbinden Menschen). Tatsächlich ermöglicht uns das Smartphone fast überall und jederzeit mit Menschen aus aller Welt in Verbindung zu treten und zu bleiben. In manchen Situationen kann das Smartphone aber auch genau das Gegenteil bewirken. Ein dazu passender Spruch geistert schon seit längerem durch die sozialen Medien:
„Dein Handy mag dich näher an die Leute bringen, die weit weg von dir sind. Aber es bringt dich auch weiter von den Menschen weg, die neben dir sind.“ Was ist dran an dieser Aussage?
Was ist Phubbing?
Phubbing ist eine Kombination aus den beiden englischen Begriffen „phone“ (Telefon) und „snubbing“. Das englische Verb „to snub“ bedeutet so viel wie „jemanden verächtlich behandeln“ oder „jemanden vor den Kopf stoßen“. Phubbing bezeichnet also eine Situation, in der Du mit Deinem Handy eine andere Person vor den Kopf stößt. Natürlich nicht im wörtlichen Sinne. Das Handy als Wurfwaffe zu missbrauchen, geht vermutlich weder für Dein Gegenüber noch für Dein Handy gut aus. Stattdessen ist das hier gemeint:
„Phubbing steht für die Handlung, jemanden in seinem sozialen Umfeld vor den Kopf zu stoßen, indem man sich eher auf sein Handy konzentriert, anstatt direkt mit der Person zu sprechen.“ (Chotpitayasunondh & Douglas 2016)
Hand aufs Herz: Wessen Eltern oder Großeltern beschweren sich nicht, wenn die (Enkel-) Kinder mitten im Gespräch das Handy zücken? Hat das in Deiner Familie auch schon zu Streit geführt? Und wie sieht es in Deinem Freundeskreis aus? Wird es da toleriert, wenn während einer Unterhaltung jemand auf sein Handy guckt? Ist das alles also nur eine Generationsfrage? Wandeln sich soziale Normen nicht einfach mit der Zeit? Oder ist Phubbing ein echtes Problem, vielleicht sogar ein erstes Anzeichen für Mediensucht? Wir schauen uns an, was die Wissenschaft zu Phubbing sagt.
Warum phubben wir?
Beginnen wir mit der Frage nach dem Wertewandel im Laufe der Generationen. Tatsächlich zeigen Studien, dass sehr junge Personen viel häufiger phubben als Personen über 26 Jahren (Guazzini et al. 2019). Die Wissenschaftler*innen erklären sich das damit, dass junge Menschen heutzutage mit Smartphones aufwachsen (Digital Natives). Ihr Kommunikationsverhalten könnte sich dadurch grundlegend von dem unterscheiden, das Menschen pflegen, die noch die Zeit ohne Smartphone oder Internet kennen.
Kommen wir nochmal zum oben erwähnten Spruch: „Dein Handy mag dich näher an die Leute bringen, die weit weg von dir sind. Aber es bringt dich auch weiter von den Menschen weg, die neben dir sind.“ Es gibt wissenschaftliche Hinweise darauf, dass wir Menschen häufiger phubben, die uns nahestehen (Al-Saggaf & O’Donnell 2019). Bei Menschen, die wir nicht so gut kennen, phubben wir seltener. Scheinbar ist uns durchaus bewusst, dass Phubbing als unhöflich empfunden werden kann. Bei fremden Leuten reißen wir uns daher stärker zusammen. Bei vertrauten Menschen lassen wir unserem Drang nach dem Blick aufs Handy hingegen eher freien Lauf. An der Warnung, das Handy bringe uns weiter weg von Menschen, die uns nahe sind, könnte also tatsächlich etwas dran sein.
Phubbing und Mediensucht
Dass es zwischen Phubbing und Mediensucht einen Zusammenhang gibt, konnten mehrere Studien untermauern. Mediensucht, Fear of Missing Out (FoMO bzw. Angst, etwas zu verpassen), Langeweile und eine geringe Selbstbeherrschung scheinen Phubbing zu begünstigen (Al-Saggaf & O’Donnell 2019, Chotpitayasunondh & Douglas 2016).
Aber nicht nur Mediensucht scheint das Risiko für Phubbing zu erhöhen. Auch Zwangs- und Angststörungen können zu Phubbing führen (Guazzini et al. 2019). Des Weiteren konnten Wissenschaftler*innen beobachten, dass die Häufigkeit von Phubbing zunimmt, je stärker Smartphones & Co in der Gesellschaft verbreitet sind. „Mobile Geräte scheinen gewohnheitsbildend zu sein, aber diese neuen Gewohnheiten implizieren nicht unbedingt eine Sucht“, schreiben Guazzini und Kolleg*innen. Mit der Frage nach schlechten Handy-Gewohnheiten und ihrer Abgrenzung zum Suchtverhalten haben wir uns schon mehrfach beschäftigt. Nachlesen kannst Du das hier und hier.
Was hat Phubbing für Folgen?
Wie wird ein solches Verhalten von unserem Gegenüber empfunden? Phubbing wurde in Umfragen als unhöflich, belästigend, beleidigend und gegen soziale Normen verstoßend bewertet (Al-Saggaf & O’Donnell 2019, Guazzini et al. 2019). Menschen, die andere phubben, wurden als abgelenkt eingeschätzt. Ihnen wurde weniger empathische Anteilnahme zugeschrieben. In Phubbing-Situationen fühlten Betroffene weniger Nähe und weniger zwischenmenschliches Vertrauen. Die Gesprächsqualität wurde schlechter bewertet.
In romantischen Beziehungen kann Phubbing noch mehr anrichten: Es kann Eifersuchtsgefühle verstärken, die Bindung zwischen den Partner*innen schwächen, die Beziehungszufriedenheit senken und sogar die Depressionsrate erhöhen (Al-Saggaf & O’Donnell 2019). Die Zufriedenheit mit der zwischenmenschlichen Beziehung kann aber nicht nur in romantischen Beziehungen leiden, sondern auch in freundschaftlichen, da Phubbing scheinbar das Zugehörigkeitsgefühl untergräbt (Chotpitayasunondh & Douglas 2018).
In der Summe bringt Phubbing also eine lange Liste an negativen Folgen mit sich. Da überlegt man sich beim nächsten Treffen mit geliebten Menschen gleich zwei Mal, ob man das Handy in die Hand nimmt oder doch lieber in der Tasche stecken lässt.
Quellen
- Yeslam Al-Saggaf & Sarah B. O’Donnell (2019): Phubbing: Perceptions, reasons behind, predictors, and impacts, in: Human Behavior and Emerging Technologies, Jahrgang 1, Heft 2, Seiten 132-140.
- Varoth Chotpitayasunondh & Karen M. Douglas (2016): How “phubbing” becomes the norm: The antecedents and consequences of snubbing via smartphone, in: Computers in Human Behavior, Ausgabe 63, Oktober 2016, Seiten 9-18.
- Varoth Chotpitayasunondh & Karen M. Douglas (2018): The effects of “phubbing” on social interaction, in: Journal of Applied Social Psychology, Jahrgang 48, Heft 6, Seiten 304-316.
- Andrea Guazzini et al. (2019): An Explorative Model to Assess Individuals’ Phubbing Risk, in: Future Internet, Jahrgang 11, Heft 1.