Das Jahr 2020 wurde fast durchweg von einem Thema beherrscht: Corona. Dass in Zeiten einer Pandemie die Mediennutzungszeiten steigen, ist nicht weiter verwunderlich. Durch Lockdowns und Social Distancing sind die Bildschirmzeiten bei vielen Menschen deutlich angestiegen. Alternative Freizeitaktivitäten mussten gleichzeitig enorm eingeschränkt werden.
„Kinder und Jugendliche verbrachten viel mehr Zeit online. Sie lernten per Homeschooling, spielten länger online, pflegten digital Freundschaften, lebten sich bei TikTok, YouTube oder Instagram kreativ aus. Gleichzeitig waren sie aber auch häufiger und intensiver Risiken ausgesetzt, die mit der Nutzung der Dienste verbunden sind. Sexuelle Grenzverletzungen, Cybermobbing, Hass und Verschwörungstheorien, grauenhafte Gewaltbilder, Verletzungen der Privatsphäre, Kostenfallen: All das ist bei vielen beliebten Angeboten meist nur einige Klicks entfernt.“
Das schreibt Stefan Glaser, Leiter von jugendschutz.net, im Vorwort des Berichts „Jugendschutz im Internet 2020“. Wir haben uns den Bericht angesehen und für Dich ein paar Kernaussagen zusammengefasst.
Im Netz warten zahlreiche Risiken
Das Inhaltsverzeichnis des Berichts gibt einen guten Überblick, wie vielfältig die Gefahren sind, auf die Jung und Alt im Internet treffen können. Allerdings: Kinder du Jugendliche können das Gesehene oder Erlebte oft noch nicht richtig einschätzen und wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen.
- Missbrauchsdarstellungen
- Sexuelle Grenzverletzungen
- Sexualisierte Alltagsdarstellungen
- Ungeschützte Privatsphäre
- Selbstgefährdung
- Challenges
- Drastische Darstellungen
- Antisemitische Verschwörungsmythen
- Rechtsextreme Hetze
- Rechtsextremismus und Gaming
- Antimuslimischer Rassismus
Doch was kannst Du tun, wenn Du solchen Inhalten im Netz begegnest? Einfach wegklicken?
Verstöße gegen den Jugendmedienschutz melden
„Jugendschutzverstöße im Internet müssen schnell beseitigt werden, damit Kinder und Jugendliche möglichst nicht beeinträchtigt werden“, heißt es in dem Bericht. Damit das möglich ist, sollten Verstöße erstmal gemeldet werden. Das ist einerseits für dich als Privatperson bei den Plattformbetreiber*innen selbst möglich, andererseits aber auch über jugendschutz.net. Das Team dahinter nimmt dann Kontakt mit den Website- oder App-Anbieter*innen auf und bittet sie um Löschung der Inhalte.
Erfolgt keine Löschung, leitet sie den Fall an die Kommission für Jugendmedienschutz bzw. an die Landesmedienanstalten weiter. Für Fälle aus dem Ausland arbeitet das Team mit internationalen Meldestellen zusammen. Droht Gefahr für Leib und Leben, informiert jugendschutz.net zudem sofort die Polizei.
Im Jahr 2020 wurden jugendschutz.net mehr als 5.000 Verstöße gemeldet. 41 Prozent der Verstöße waren thematisch sexualisierter Gewalt zuzuordnen. Politischer Extremismus machte mit 21 Prozent den zweitgrößten Teil aus. Der Rest entfiel auf Pornografie (14 Prozent), Selbstgefährdung (12 Prozent), Gewalt (9 Prozent) und Cybermobbing (3 Prozent).
Meldungen durch Privatpersonen weniger erfolgreich
Bis zum Jahresende 2020 konnte jugendschutz.net durch seine Arbeit bewirken, dass 80 Prozent der unzulässigen Inhalte gelöscht wurden. Falls Du Dich jetzt fragst, ob das denn überhaupt ein Erfolg ist, weil nicht 100 Prozent erreicht wurden:
Ohne die Unterstützung durch jugendschutz.net wurden weit weniger Inhalte gelöscht. Je nach Plattform nur zwischen 28 und 41 Prozent der Inhalte, die von Nutzer*innen gemeldet wurden. Lediglich Pinterest und Tumblr waren zuverlässiger. Aber mal ehrlich: Das sind wahrscheinlich nicht gerade die Lieblings-Plattformen von Kindern und Jugendlichen. Beliebte Apps wie Instagram, YouTube und TikTok schnitten sehr viel schlechter ab.
Oft erst nachdem jugendschutz.net eingeschaltet wurde, konnten die Anbieter*innen zum Löschen der illegalen Inhalte motiviert werden. YouTube hat von allen Plattformen hier die schlechteste Quote: Nur knapp über die Hälfte der gemeldeten Inhalte wurden gelöscht – trotz Unterstützung durch jugendschutz.net. Die anderen Plattformen löschten zwischen 72 und 91 Prozent.
Etwa 300 Fälle der 5.000 gemeldeten Inhalte leitete das Team von jugendschutz.net an die Kommission für Jugendmedienschutz weiter, da die Anbieter*innen die Inhalte nicht löschen wollten. Weitere rund 700 Fälle gingen direkt an das Bundeskriminalamt.
Bessere Schutzmaßnahmen nötig
„Effektiven Schutzkonzepten kommt in diesen Zeiten eine noch größere Bedeutung zu als ohnehin. Sie minimieren Gefahren für junge Menschen in der Onlinewelt und ermöglichen dadurch Teilhabe im besten Sinne. Schutzkonzepte führen dazu, dass Rechtsverstöße schnell beseitigt werden, verhindern aber auch vorbeugend Beeinträchtigungen der persönlichen Entwicklung und Integrität. Sie unterstützen dabei, sich sicher und verantwortungsvoll im Netz zu verhalten“, erklärt jugendschutz.net-Leiter Stefan Glaser.
Angesichts der großen Zahl von gemeldeten Verstößen (Dunkelziffer unbekannt) und der geringen Löschquote durch die Plattform-Betreibenden, kommt er jedoch zu einemernüchternden Fazit:
„Die Maßnahmen von Anbietern lassen jedoch zu wünschen übrig. Viele reagieren unzureichend auf die Meldung von Verstößen. Es fehlt an sicheren Voreinstellungen, um Kinder und Jugendliche altersgerecht abzusichern bzw. zu unterstützen. Bei der Altersbewertung von Apps bleiben Risiken wie Kostenfallen und Mobbing außen vor oder werden nur in Form neutraler Beschreibungen ausgegeben, die kaum Orientierung bieten. Es ist also noch einiges zu tun.“