Auftakt eines Themenmonats zu Influencer*innen
Für eine Themenreihe zu Influencer*innen braucht es erst einmal eine Begriffsbestimmung. Denn der Begriff Influencer*in ist weit und schwammig. Es scheint keine einheitliche Definition zu geben. Zudem scheinen viele Menschen, die man als Influencer*in bezeichnen würde, sich gar nicht selbst als solche zu sehen. Für die Themenreihe muss also erstmal geklärt werden, was oder wer da überhaupt betrachtet werden soll. Wer ist Influencer*in und wer nicht? Außerdem:
- Können nur Einzelpersonen Influencer*innen sein oder auch Organisationen?
- Wie viele Follower braucht man, um als Influencer*in zu gelten?
- Müssen Influencer*innen zwangsläufig auf Social Media erfolgreich sein? Oder reicht vielleicht auch ein eigener Blog? Gibt es vielleicht sogar Influencer, die ausschließlich analog wirken?
- Ist nur Influencer*in, wer (bezahlte) Werbung für etwas macht?
Die Definitionssuche gestaltet sich schwierig. Begriffserklärungen finden sich vor allem in Wörterbüchern und Literatur aus den Wirtschaftswissenschaften. Medienpädagogische, medienpsychologische oder medienwissenschaftliche Definitionen lassen sich nicht finden. Diese wären für webcare+ jedoch mindestens genauso sehr interessiert.
Influencer*in: Definitionen aus Lexika
Ein*e Influencer*in ist eine „Person, die in sozialen Netzwerken besonders bekannt, einflussreich ist und bestimmte Werbebotschaften, Auffassungen oder Ähnliches vermittelt.“ (Duden)
Influencer*innen sind „Personen, die das Verhalten von anderen Personen beeinflussen oder verändern (können).“ // „Influencer*innen sind Personen, die von einem Unternehmen bezahlt wurden, um dessen Produkte oder Dienstleistungen auf Social Media zu zeigen oder zu beschreiben mit dem Ziel, andere Personen zum Kauf anzuregen.“ (Cambridge Dictionary)
„Als Influencer*innen werden Personen bezeichnet, die aus eigenem Antrieb Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) zu einem Themengebiet in hoher und regelmäßiger Frequenz veröffentlichen und damit eine soziale Interaktion initiieren. Dies erfolgt über internetbasierte Kommunikationskanäle wie Blogs und soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram, YouTube, Snapchat oder Twitter. Influencer*innen ragen aus der Masse der Social-Media-Nutzer heraus, da sie mit ihrer Tätigkeit hohe Reichweiten erzielen. Wenn solche Personen ausschließlich durch ihre digitale Präsenz Einfluss gewonnen haben, werden sie im engeren Sinn auch als Digital, Social oder Social Media Influencer bezeichnet.“ (Gablers Wirtschaftslexikon)
Ein*e Influencer*in ist eine „Person, die durch ihre Inhalte und Kommunikation eine mehr als durchschnittliche Reichweite bzw. messbare Wirkung im Social Web für einen relevanten Markt bzw. ein relevantes Thema hat.“ (Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V.)
Influencer*in: Wissenschaftliche Definitionen
„Influencer*innen sind Personen, die aufgrund ihres digitalen Netzwerks, ihrer Persönlichkeitsstärke, einer bestimmten Themenkompetenz und kommunikativen Aktivität eine zugesprochene Glaubwürdigkeit für bestimmte Themen besitzen und diese einer breiten Personengruppe über digitale Kanäle zugänglich machen können.“ (Schach/Lommatzsch 2018: 31)
Influencer*innen sind „Personen, welche sehr aktiv auf sozialen Netzweken wie Instagram, Facebook, Snapchat, Twitter, YouTube unterwegs sind und mit ihrem Content, die sie in Form von Videos, Bildern und Texten zu ihrem Alltag und Lebensstil erstellen, eine hohe Reichweite erzielen. […] Die Influencer*innen werden zu einer Art Vorbild für die Follower. Die Meinungen und Empfehlungen von Influencer*innen zu Produkten und Dienstleistungen sind den Followern sehr wichtig.“ (Waldhoff/Vollmar 2019: 3)
Influencer*innen sind digitale Meinungsführer*innen
Influencer*innen gehören nach Schach/Lommatzsch zu den Meinungsführenden. Da sie ihr Buch als Marketing-Anleitung für Unternehmen geschrieben haben, unterscheiden sie zwischen internen und externen Meinungsführenden. Personen innerhalb eines Unternehmens können zu Corporate Inluencer*innen werden, also Unternehmensbotschafter*innen. Personen von außerhalb können Testimonials sein (in der analogen Welt) oder Influencer*innen (in der digitalen Welt). Bei den Infuencer*innen unterscheiden sie noch einmal zwischen Blogger*innen und Content Creatorn. Letztere sind vorwiegend auf Social Media aktiv. Influencer*innen sind demnach also digitale Meinungsführende für Marken oder Produkte, ohne selbst den entsprechenden Unternehmen anzugehören (Ausnahme Corporate Influencer*innen).
Influencer*innen, Micro-Influencer*innen und Nano-Influencer*innen
Der „Children and parents: Media use and attitudes report 2019“ unterscheidet verschiedene Influencer*innen-Typen unter anderen an ihrer Reichweite. So gibt es neben großen / normalen Influencer*innen mit über 1 Millionen Followern auch Micro-Influencer*innen mit kleinerer Reichweite (ab 1.000 Followern). Innerhalb dieser kleineren Influencer*innen gibt es noch die Gruppe der Nano-Influencer*innen (1.000 bis 5.000 Follower), die vorwiegend lokal wirken.
Influencer*innen: „Ich bin kein*e Influencer*in!“
Für den Umstand, dass sich manche Influencer*innen selbst nicht als solche sehen, haben wir eine mögliche Erklärung gefunden. Gablers Wirtschaftslexikon führt seine Definition noch weiter aus und schreibt unter anderem:
„Influencer*innen wurden im Laufe der Zeit eher ungeplant und unbewusst zu Multiplikator*innen und Meinungsführenden. Ihre Multiplikator*innen-Ffunktion begründet sich aus der hohen Reichweite und den viralen Effekten der Informationsweiterleitung innerhalb ihrer Community. […] Die Netzwerkeffekte entwickeln durch ihre Viralität eine von den Influencer*innen am Anfang gar nicht vorhergesehene Eigendynamik.“ (Gablers Wirtschaftslexikon)
Influencer*innen: Antworten auf offenen Fragen
Schauen wir uns nun noch einmal unsere offenen Fragen von Anfang dieses Blogartikels an:
1. Können nur Einzelpersonen Influencer*innen sein oder auch Organisationen?
Wir konnten keine Hinweise darauf finden, dass auch Organisationen, Unternehmen, Projekte oder Vereine als Influencer*innen gelten können. Influencer*innen scheinen ausschließlich Einzelpersonen (eventuell auch kleinere Gruppen von Menschen) zu sein.
2. Wie viele Follower braucht man, um als Influencer*in zu gelten?
Influencer*innen brauchen nicht zwangsläufig Millionen von Followern. Auch Social Media Nutzer*innen, mit einer Reichweite ab 1.000 können schon Influencer*innen sein.
3. Müssen Influencer*innen zwangsläufig auf Social Media erfolgreich sein? Oder reicht vielleicht auch ein eigener Blog? Gibt es vielleicht sogar Influencer, die ausschließlich analog wirken?
Einflussreiche Menschen gibt es auch im Analogen, beispielsweise Prominente, Testimonials oder Politiker*innen. Der Begriff Influencer*in scheint sich allerdings nur auf einflussreiche Menschen im digitalen Raum zu beziehen. Social Media Erfolg ist für Blogger*innen nicht zwingend notwendig. Vermutlich sind viele Blogger*innen aber auch in den sozialen Medien aktiv.
4. Ist nur Influencer*in, wer (bezahlte) Werbung für etwas macht?
Nicht alle Definitionen von Influencer*in enthalten einen Werbe-Aspekt. Daher kann man wohl auch Influencer*in sein, ohne Werbung für eine Marke oder ein Produkt zu machen.
Fazit und unsere Definition von Influencer*in
Nachdem wir uns nun einige Definitionen von Influencer*in angesehen haben, konnten wir all unsere offenen Fragen beantworten. Jetzt ist unser Verständnis von Influencer*innen deutlich klarer und wir können für unsere Themenreihe eine eigene Arbeits-Definition aufstellen:
Influencer*innen sind meinungsführende Einzelpersonen im digitalen Raum. Sie haben mit ihrem Blog oder ihren Social Media Kanälen eine Reichweite von mindestens 1.000 Followern. Mit ihren Posts leben sie bestimmte Verhaltensweiten vor und/oder bewerben Marken. So beeinflussen sie das Denken und/oder Verhalten ihrer Fans und regen diese eventuell zum Kauf bestimmter Produkte an. Influencer*innen können jedoch auch Personen sein, die keine (bezahlte) Werbung machen. Influencer*innen können darüber hinaus auch Personen sein, die sich selbst nicht als Influencer*in sehen.
Themenreihe Influencer*innen
Dieser Blogbeitrag wurde im Rahmen unseres Themenmonats zu Influencer*innen veröffentlicht. Weitere Beiträge in dieser Reihe sind:
- Interview: Kidfluencer*innen zwischen kostenlosem Spielspaß und kommerzialisierter Kindheit (veröffentlicht am 15.10.2020)
- Interview: Influencer*innen und ihre Follower zwischen Rollenklischees und Selbstverwirklichung (veröffentlicht am 22.10.2020)
- Webinar / Web-Talk: Influencer*innen als Chance und Herausforderung für Medienpädagogik und Suchthilfe (am 26.10.2020)
Quellen
- Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. über Influencer
- Cambridge Dictionary über Influencer
- Duden über Influencer
- Gablers Wirtschaftslexikon über Influencer
- Schach, Annika und Lommatzsch, Timo (2018): Influencer Relations. Marketing und PR mit digitalen Meinungsführern. Springer Gabler, Wiesbaden 2018
- Waldhoff, Kimberly und Vollmar, Bernhard H. (2019): Zur Glaubwürdigkeit von Influencern, Forschungspapier, Private Hochschule Göttingen