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Aus dem Wasser streckt sich ein Arm empor. In der Hand hält er eine funkensprühende Wunderkerze.

Hilfe finden in einer Suchtberatungsstelle

22 November 2018

Sich Hilfe zu suchen, ist oft nicht leicht. Brauche ich überhaupt Hilfe? Kann mir jemand helfen? Falls ja, an wen soll ich mich wenden? Allein diese Fragen zu beantworten, ist schon eine Herausforderung.

Dieser Beitrag soll es Dir erleichtern, herauszufinden, ob es für Dich eventuell sinnvoll ist, Dich an eine Suchtberatungsstelle zu wenden.

Unsere Online Redakteurin Stephanie Braun sprach dazu mit Simone Hermann, Sozialarbeiterin (B.A.), von der Jugendberatung und Suchthilfe Am Merianplatz (JBS), Fachberatungsstelle für Verhaltenssüchte in Frankfurt a.M.

Simone Hermann

Mit welchen Problemen kannst Du Dich an eine Suchtberatungsstelle wenden?

Internetabhängigkeit oder Mediensucht fällt unter die Verhaltenssüchte, Computerspielsucht ist mittlerweile als Krankheit anerkannt. Mit diesen Problemen kannst Du dich an jede Suchtberatungsstelle wenden. Nicht alle Beratungsstellen sind auf jedes Thema spezialisiert, aber das lässt sich in einem kurzen Telefonat klären.

Cyber-Mobbing ist z.B. ein Thema, dass neben einer Internet- und Spielsucht zusätzlich auftauchen kann. In der Beratungsstelle kann diese Problematik dann mit besprochen werden.

Geht es jedoch um Cyber-Mobbing ohne Suchtproblematik, sind andere Beratungs- und Hilfeangebote wie z.B. Cybermobbing-Hilfe empfehlenswerter.

Ist mein Problem überhaupt groß genug?

Es muss noch keine klare Suchtdiagnose vorliegen. Das Bewusstsein für ein Problem und Dein Wunsch, daran zu arbeiten, reichen vollkommen aus.

Entscheidend für mich ist, dass die Person für sich sagt: „Ich will das hinterfragen, daran arbeiten“, dann ist jede Person bei mir willkommen.

Kleine Probleme lassen sich einfacher lösen!

Hilfe für Angehörige

Auch Angehörige können sich an eine Suchtberatungsstelle wenden. In der JBS Am Merianplatz melden sich häufig Eltern, die sich Sorgen machen, weil ihre Kinder zu viel Zeit am Smartphone, PC oder an der Konsole verbringen. Je nach Alter und Fragestellung gibt es Gespräche nur mit den Eltern bzw. einem Elternteil oder auch gemeinsame Gespräche mit Eltern und Kind. Häufig geht es in der Beratung auch darum, zwischen Eltern und Kindern zu vermitteln.

Alternativ gibt es auch Selbsthilfegruppen für Angehörige.

Der Weg in eine Suchtberatungsstelle

Die Beratung in einer Suchtberatungsstelle ist für Ratsuchende kostenfrei. Die JBS Am Merianplatz in Frankfurt ist aufgrund ihrer Finanzierung ausschließlich für Menschen zuständig, die in Frankfurt a.M. wohnen. Erste Informationen und weiterführende Unterstützungsmöglichkeiten werden auch an Nicht-Frankfurter weitergegeben. Die Dauer einer Beratung ist individuell verschieden. Manchmal reichen wenige Termine, andere Personen werden über Jahre begleitet, je nach Bedarf.

Am sinnvollsten ist es, wenn Du eine Suchtberatungsstelle telefonisch kontaktierst, so ist eine direkte Terminvereinbarung möglich. Gibt es Hemmungen oder andere Gründe, warum Du nicht anrufen kannst, ist es durchaus möglich, den Erstkontakt per E-Mail zu suchen. Die JBS Am Merianplatz bietet auch eine Online-Beratung über E-Mail und einen Chat zur ersten Information an. Eine Beratung vor Ort kann damit nicht ersetzt werden.

Beim Erstkontakt musst Du gar nichts von Dir verraten, was Du nicht möchtest. Wenn Du Dich anonym wohler fühlst, kannst Du auch ein Pseudonym angeben. Hilfreich ist es, wenn Du kurz angibst, was Dein Thema ist, damit Dir ein passender Berater oder eine Beraterin zugeteilt werden kann, die sich mit Deinem Thema auskennt. Eventuell zeigt sich hier schon, dass eine andere Beratungsstelle für Dein Anliegen geeigneter wäre. Frag einfach an, ob man Dir mit Deinem Thema weiter helfen kann. Falls es zu einer Terminverschiebung kommen muss, wäre es sinnvoll, wenn Du deine Telefonnummer angibst. Möchtest Du das nicht, kann die Beratungsstelle Dich nicht informieren, falls auch mal ein Termin ausfallen muss.

Beratung ist immer freiwillig!

Die Beratung ist grundsätzlich freiwillig und kann jederzeit von Dir beendet werden. Der Berater oder die Beraterin unterliegt der Schweigepflicht und darf ohne Dein Einverständnis nicht mit Deinen Eltern, Lehrenden oder der Polizei sprechen.

Eine große Sorge kann sein, dass andere Dich in eine Klinik einweisen, sobald Du zugibst, ein Problem zu haben.

Wenn wir sehen, dass eine andere Hilfeleistung sinnvoll ist, besprechen wir das gemeinsam. Aber gegen den Willen der hilfesuchenden Person geht das nicht.

Viele Angehörige wünschen sich insbesondere im Bereich der Alkoholsucht, dass eine Einweisung auch gegen den Willen des Betroffenen vorgenommen wird. Das ist aber gar nicht so einfach möglich. Frau Hermann hat es bisher noch nie versucht. Diese Form der Einweisung ist nur bei erheblicher Gefahr für die eigene und für die Gesundheit anderer Personen zulässig. In einem solchen Fall müssen Schritte eingeleitet werden, die rechtlich geregelt sind.

Möglichkeiten und Grenzen einer Beratung

Am Anfang steht das Kennenlernen. Ich stelle viele Fragen. Mediensucht ist selten ein isoliertes Problem. Es ist Teil des Lebens.

Nach einer umfassenden Anamnese wird gemeinsam geschaut, wie Du mit Deinem Problem umgehst. Wie nutzt Du Medien? Was hast Du bereits ausprobiert? Wie kannst Du Dich selbst besser kontrollieren? Falls keine Selbstregulation möglich ist, ist eine Therapie eventuell sinnvoll. Eine Möglichkeit der Selbstkontrolle ist beispielsweise den Internetzugang per Timer zu begrenzen.

Manche sind auch noch nicht bereit für Veränderungen. Der eigene Wille zur Veränderung ist wichtig, dann ist Motivationsarbeit seitens des Beraters oder der Beraterin gefragt.

Das soziale Umfeld spielt eine wichtige Rolle. Bestehen Freundschaften? Wie bist Du in Deine Familie eingebunden? Die gemeinsame Suche nach neuen Hobbies, abseits der digitalen Geräte, ist ein Weg in der Beratungsarbeit. Hierzu hat Frau Hermann ein neues Projekt für Jugendliche entwickelt: „GO ON – Leben kann so anders sein“. Es werden neue Aktivitäten wie Graffiti und Bogenschießen ausprobiert und über die Mediennutzung gesprochen. Was gewinnt man, was verliert man? Die eigene Mediennutzung wird in der Gruppe reflektiert.

Bei mir erwarten die Menschen keinen erhobenen Zeigefinger, sondern jemanden, der sie nimmt, wie sie sind. Ich möchte mit der Person zusammen daran arbeiten, sie zu verstehen.

Grundsätzlich sind Beratungsstellen eine gute Erstanlaufstelle, um zu sehen, was Dein konkretes Problem ist und wer Dir helfen kann.

Wenn wir nicht weiter kommen oder psychische Probleme vorliegen, die bearbeitet werden müssen, empfehle ich eine Psychotherapie oder auch psychiatrische Hilfen.

Es findet keine direkte Vermittlung zu Therapeutinnen oder Therapeuten statt. Eine Liste mit möglichen Adressen kann Dir ausgehändigt werden. Falls notwendig, kann auch der Anruf gemeinsam durchgeführt werden. Sollte sich herausstellen, dass eine stationäre Suchttherapie für Dich das Beste ist, muss über eine Beratungsstelle ein Antrag auf Kostenübernahme gestellt werden.

Oft kommen Menschen nach einer stationären Therapie wieder in die Beratung, um sich weiterhin begleiten zu lassen und um sich weiter zu stabilisieren.

Wie findest Du die passende Beratungsstelle?

Beratungsstellen unterscheiden sich in ihren thematischen Schwerpunkten und ihren Angeboten. Es ist sinnvoll, bei einer Beratungsstelle in der Nähe anzurufen und nachzufragen, ob Du mit Deinem Thema dort richtig bist.

Abschließende Frage an Frau Hermann: Was möchten Sie Menschen mit auf den Weg geben, die überlegen, ob sie sich Hilfe suchen wollen?

Ich glaube, es ist besser, sich Hilfe zu suchen, wenn das Problem noch klein ist, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.

In der Jugend probieren sich alle aus, testen ihre Grenzen. Ab und zu über die Stränge zu schlagen, das ist normal. Mal z.B. eine Nacht durchzocken ist ok, aber nicht immer. Merken, dass es dauerhaft nicht funktioniert, ist entscheidend. Kannst Du dich selbst noch regulieren?

Junge Frau sitzt auf Treppenstufen und lacht. In der Hand hält sie ein Smartphone. Medienkompetenz ist was fürs Leben! Ein stark bearbeitetes Frauengesicht mit blauer Hautfarbe und blauen Haaren. Um ihren Kopf kreisen Social Media Symbole. Mein perfektes Ich in der digitalen Scheinwelt
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