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Farbrollen bringen bunte Farben an eine Wand

Foto: David Pisnoy / Unsplash.com

Digitalkompetenz von Schüler*innen: Die ICLIS-Studie

03 Dezember 2020

Lesezeit 7 Minuten

„Der sichere Umgang mit Computer- und Informationstechnik ist für die gesamte Bildungsbiographie besonders wichtig“, schreibt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) auf seiner Internetseite. Das Ministerium fördert die deutsche Teilnahme an der ICLIS-Studie. ICLIS steht für „International Computer and Information Literacy Study“. Sie ist also so etwas wie die PISA-Studie speziell für den Bereich Digitalkompetenz. Wir wollten wissen, wie Deutschland in Sachen Medienkompetenz im internationalen Vergleich abschneidet und haben uns die ICLIS-Studie einmal genauer angesehen.

Digitalkompetenz: Wer wurde getestet?

Die ICLIS-Studie misst mit computerbasierten Tests die digitalen Fähigkeiten von Schüler*innen der achten Jahrgangsstufe. Die teilnehmenden Länder sind Chile, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Kasachstan, Luxemburg, Portugal, Korea, Uruguay und die USA. Die beiden Regionen Moskau (Russland) und Nordrhein-Westfalen (Deutschland) wurden als Vergleichsmaßstab ebenfalls einbezogen.

Verantwortlich für die Studie ist die IEA, ein unabhängiger internationaler Verbund wissenschaftlicher Institutionen für Bildungsforschung. In Deutschland kümmern sich die Technische Universität Dortmund und die Universität Paderborn um die ICLIS-Studie. Bisher wurde sie zwei Mal durchgeführt: 2013 und 2018. Die Ergebnisse der 2018er Studie schauen wir uns im Folgenden an.

Computer- und informationsbezogenen Kompetenzen

Zu der Studie gibt es zwei wichtige Veröffentlichungen: Zum einen den internationalen Forschungsbericht in englischer Sprache, zum anderen ein extra Bericht für Deutschland in deutscher Sprache. Wir nehmen uns die deutsche Version vor. In diesem Bericht wird das Untersuchungsfeld folgendermaßen erklärt:

„Die computer- und informationsbezogenen Kompetenzen werden als individuelle Fähigkeiten einer Person definiert, die es ihr erlauben, digitale Medien zum Recherchieren, Gestalten und Kommunizieren von Informationen zu nutzen und diese zu bewerten, um am Leben im häuslichen Umfeld, in der Schule, am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft erfolgreich teilzuhaben.“ (S. 9)

So ein großer Bereich kann natürlich nicht so einfach untersucht werden. Daher spaltet das ICLIS-Forschungsteam ihn in vier Teilbereiche auf:

Teilbereich 1: Über Wissen zur Nutzung von Computern verfügen

  • 1 Grundlagen der Computernutzung kennen und verstehen
  • 2 Grundlegende Konventionen der Computernutzung kennen, verstehen und anwenden

Teilbereich 2: Informationen sammeln und organisieren

  • 1 Auf Informationen zugreifen und Informationen bewerten
  • 2 Informationen verarbeiten und organisieren

Teilbereich 3: Informationen erzeugen

  • 1 Informationen umwandeln
  • 2 Informationen erzeugen

Teilbereich 4: Digitale Kommunikation

  • 1 Informationen austauschen
  • 2 Informationen verantwortungsvoll und sicher nutzen
Zettel, Stifte und Handy auf einem Tisch

Bild: fotoblend / Pixabay.com

Deutschlands Digitalkompetenz

Wie haben die Schüler*innen aus Deutschland im internationalen Vergleich abgeschnitten? Zunächst einmal lässt sich feststellen, dass die deutsche Digitalkompetenz im Jahr 2018 in etwa auf dem Stand von 2013 liegt. Die hiesigen Schüler*innen haben sich also weder sonderlich verbessert noch verschlechtert. Obwohl Medienkompetenz immer wichtiger wird, um sich in unserer digitalisierten Welt zurecht zu finden. Im Vergleich mit den anderen Ländern, die an der Studie teilgenommen haben, liegt Deutschland zwar im Mittelfeld, aber deutlich über dem internationalen Durchschnitt und immerhin noch knapp über dem europäischen Durchschnitt.

Die Schüler*innen wurden anhand ihrer Fähigkeiten in fünf Kompetenzstufen eingeteilt. Je höher die Stufe, desto besser die Digitalkompetenz:

5 Stufen der Digitalkompetenz

  1. Rudimentäre, vorwiegend rezeptive Fertigkeiten und sehr einfache Anwendungskompetenzen
  2. Basale Wissensbestände und Fertigkeiten hinsichtlich der Identifikation von Informationen und der Bearbeitung von Dokumenten
  3. Angeleitetes Ermitteln von Informationen und Bearbeiten von Dokumenten sowie Erstellen einfacher Informationsprodukte
  4. Eigenständiges Ermitteln und Organisieren von Informationen und selbstständiges Erzeugen von Dokumenten und Informationsprodukten
  5. Sicheres Bewerten und Organisieren selbstständig ermittelter Informationen und Erzeugen von inhaltlich sowie formal anspruchsvollen Informationsprodukten

In Deutschland erreichen – wie in den meisten Ländern – nur sehr wenige Schüler*innen (2 %) die fünfte Kompetenzstufe. Die meisten Schüler*innen (43 %) befinden sich in Stufe 3, verfügen also über mittelmäßige Digitalkompetenz. Etwa jeweils ein Viertel der Schüler*innen wird in die zweite und vierte Stufte einsortiert. Eine*r von zehn Schüler*innen ist in der niedrigsten Stufe und kann nur eine schwache Digitalkompetenz vorweisen.

Digitalkompetenz: Deutliche Unterschiede bei innerhalb Deutschlands

Innerhalb der Länder sind die Unterschiede weitaus größer als zwischen den Ländern. In Deutschland schneiden Schüler*innen von Gymnasien besser ab als Schüler*innen anderer Schulformen. Außerdem weisen Mädchen – wie schon 2013 – im Durchschnitt eine höhere Digitalkompetenz auf als Jungen. Auch die soziale Herkunft macht bei der Studie einen Unterschied: Jugendliche aus weniger privilegierten Elternhäusern schneiden durchschnittlich schlechter ab. Dies war bereits 2013 so und gilt auch für die anderen Länder. In den meisten Ländern zeigt sich zudem: Schüler*innen ohne Migrationshintergrund weisen eine höhere Digitalkompetenz auf, wie schon 2013.

Handy mit WLAN-Symbol

Foto: Franck / Unsplash.com

Deutschlands Defizite bei der Digitalisierung

Die technische Ausstattung deutscher Schulen lässt im internationalen Vergleich zu wünschen übrig: Es gibt zu wenige technische Geräte für Schüler*innen und Lehrkräfte, nur selten WLAN, meist eine mäßig gute Internetverbindung sowie einen unzureichenden IT-Support. Im Vergleich zu letzten ICLIS-Studie nutzen etwa doppelt so viele Lehrkräfte (2013: 35 %, 2018: 60 %) mindestens wöchentlich digitale Medien im Unterricht. Knapp ein Viertel nutzt sie sogar täglich (2013: 9 %, 2018: 23 %). Allerdings ist der Anteil im internationalen Durchschnitt rund doppelt so hoch (48 %).

Zudem werden digitale Medien in Deutschland in den aller meisten Fällen in Form von Frontalunterricht eingesetzt, nur selten zur individuellen Förderung der Schüler*innen. Auch hier liegt Deutschland im internationalen Vergleich weit zurück. Die Liste der Defizite lässt sich noch fortführen. Da sie aber nicht Hauptinteresse dieses Blogbeitrags ist, soll es an dieser Stelle mit der Kritik reichen. Interessierte Leser*innen können die vollständigen Defizite im unten verlinkten ICLIS-Bericht nachlesen.

Zum Nachlesen

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