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Neon-Reklame titelt Drinks, das englische Wort für Getränke.

Foto: Stephan Valentin/Unsplash

Alkohol-Werbung in den sozialen Medien: So kannst Du Dich schützen

12 März 2020

Lesezeit 8 Minuten

Mehr als 20.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 10 und 20 Jahren wurden 2017 in Deutschland aufgrund eines akuten Alkoholmissbrauchs stationär behandelt. Mehr als 1,7 Millionen Menschen in Deutschland sich alkoholabhängig. Weitere 1,6 Millionen trinken übermäßig viel (= missbräuchlich), so die Zahlen der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen. Und die Alkohol-Industrie? Die hat längst das Internet als günstige und zielgenaue Werbefläche für sich entdeckt.

Wenn Du Dir unsicher bist, ob Dein Alkoholkonsum ok ist, findest Du hier eine passende Beratungsstelle für Dich.

Werbung für Alkohol: Jugendmedienschutz

Zusammenhang zwischen Werbung und Alkoholkonsum

Marc Marthaler und Frank Zobel haben für Sucht Schweiz recherchiert, wie sich Online-Werbung für Alkohol auf den Konsum von Jugendlichen auswirkt. Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen: Der Häufigkeit des Kontakts von Jugendlichen mit Alkohol-Werbung, dem Zeitpunkt, zu dem Jugendliche zum ersten Mal Alkohol trinken und der Menge an Alkohol, die Jugendliche konsumieren. Bei Online-Werbung besteht ein stärkerer Zusammenhang als bei traditioneller Werbung.

Alkohol-Werbeverbot im Jugendmedienschutzgesetz

Um den Kontakt von Jugendlichen mit Alkohol-Werbung zu vermeiden, gibt es in Deutschland Gesetze. Im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag §6 (5) steht: „Werbung  für  alkoholische  Getränke  darf  sich  weder  an  Kinder  oder  Jugendliche  richten  noch  durch  die  Art  der  Darstellung  Kinder  und  Jugendliche  besonders  ansprechen  oder  diese  beim  Alkoholgenuss darstellen.“

Regeln für Alkohol-Werbung in Sozialen Medien

Alkohol-Werbung, die sich an Minderjährige richtet, ist auch in den meisten sozialen Medien (zum Beispiel Facebook, Twitter und Snapchat) verboten. Dort regeln das die Werberichtlinien. Marc Marthaler und Frank Zobel weisen jedoch darauf hin, dass Studien wiederholt zu dem Ergebnis kommen, „dass die Selbstregulierung weitgehend unwirksam ist und dass Regelverstöße an der Tagesordnung sind.“ Laut Umfrage ist die Mehrheit der Bevölkerung übrigens für ein generelles Verbot von Alkoholwerbung. Was hältst Du davon?

Infografik zeigt, dass 58 Prozent der Befragten für ein Werbeverbot für Alkohol sind

Alkohol-Werbung und Alkohol-Missbrauch

Es ist schon lange kein Geheimnis mehr: Werbung im Internet kann personalisiert werden. Werbeanzeigen in den sozialen Medien können bei einer detailliert definierten Zielgruppe geschaltet werden. Für Menschen, die (zu) viel Alkohol trinken oder dies früher getan haben, bedeutet das: Facebook und Co nehmen an, dass sie sich (immer noch) für alkoholische Getränke interessieren.

Darstellung von exzessivem Alkoholkonsum

„Werbung und Teleshopping für alkoholische Getränke dürfen den übermäßigen Genuss solcher Getränke nicht fördern“, heißt es im Rundfunkstaatsvertrag §7 (10). Die Darstellung oder Verharmlosung von exzessivem Alkoholkonsum ist auch nach den Werberichtlinien mancher sozialer Netzwerke (beispielsweise Snapchat und Twitter) verboten.

Bei (trockenen) Alkoholiker*innen könnte jedoch schon eine Werbeanzeige, die gemäßigten Konsum darstellt, zu Suchtdruck führen. So kann die Nutzung sozialer Medien für Menschen mit Suchterfahrung oder problematischem Trinken zum Spießrutenlauf werden.

Selbstregulierung durch den Deutschen Werberat

Werberichtlinien für alkoholische Getränke

Der Deutsche Werberat hat Regeln für Alkohol-Werbung erarbeitet. Diese Regeln gelten auch für Online-Werbung. Ein paar Beispiele: Konkret schreibt der Werberat, Werbung für Alkohol dürfe…

  • nicht zu missbräuchlichem Konsum auffordern oder diesen verharmlosen
  • keine Menschen darstellen, die zu viel Alkohol getrunken haben
  • Kinder oder Jugendliche nicht zum Trinken auffordern
  • keine trinkenden Kinder oder Jugendliche zeigen
  • nicht in Medien erfolgen, sich mehrheitlich an Kinder oder Jugendliche richten

Leitfaden für Alkohol-Werbung in sozialen Medien

Aber Moment mal! Nicht in Medien, die sich mehrheitlich an Kinder oder Jugendliche richten? Und was ist mit Social Media? Hier sind doch auch viele Minderjährige unterwegs. Für soziale Netzwerke hat der Werberat einen extra Leitfaden erstellt. Er umfasst vier Punkte.

  1. Altersschranken einrichten oder Altershinweis platzieren
  2. Weiterleitungen/Teilen von Beiträgen manuell moderieren und gegebenenfalls löschen
  3. Inhalte von anderen Nutzer*innen auf dem eigenen Kanal prüfen und gegebenenfalls löschen
  4. Transparenz schaffen, dass man kein Fan, sondern der Hersteller des Getränks ist

Selbstverpflichtung, Selbstkontrolle und globales Internet

Allerdings handelt es sich hier – wie oben – lediglich um selbst auferlegte Regeln, die der Werberat auch nur selbst überwachen will. Ob wir uns darauf wohl verlassen können? Die Schweizer Forschungsergebnisse lassen daran berechtigte Zweifel aufkommen. Abgesehen davon besteht im Internet immer folgende Problematik: Das Internet ist grenzenlos, Gesetze gelten aber nur innerhalb von Ländergrenzen. Alkohol-Hersteller aus dem Ausland könnten also Werbung für deutsche Social Media Nutzer*innen schalten.

Wie kann ich vermeiden, dass mir in den sozialen Netzwerken Werbeanzeigen für Alkohol angezeigt werden?

Wenn Du das Risiko, Werbung für Alkohol zu sehen, minimieren möchtest, kannst Du selbst ein paar Einstellungen in Deinen sozialen Netzwerkkonten vornehmen. Viele soziale Netzwerke bieten Dir die Möglichkeit, bestimmte Werbeanzeigen zu blockieren. Hinweis: Diese Pfade sind für Android-Handys. Bei iPhones und Windows können die einzelnen Menüpunkte anders heißen.

Person hält sich mit beiden Händen die Augen zu.

Foto: Taras Chernus/Unsplash

Alkohol aus Deinen Werbe-Interessen entfernen oder blockieren

Twitter > Einstellungen > Datenschutz und Sicherheit > Deine Twitter Daten anzeigen > Interessen und Werbedaten > Interessen von Twitter

  • Hier kannst Du die alphabetisch sortierten Interessen direkt entfernen.
  • Nicht nur das Wort „Alkohol“ sollte hier gelöscht werden, auch alle alkoholischen Getränke: Beispielsweise Bier, Cocktail, Schnaps und Wein.
  • Zudem können die Interessen in verschiedenen Sprachen vorhanden sein. Zum Beispiel: Beer, Cerveza, Liquor, Spirits, Wine oder Vino.

Snapchat > Einstellungen > Features > Anzeigen > Werbepräferenzen

  • Hier kannst Du mehrere Einstellungen vornehmen, z.B. auch personalisierte Werbung deaktivieren.
  • Unter „Interessen und Lifestyle“ kannst Du Kategorien deaktivieren oder löschen. Beispiele: „Biertrinker“, „Schnapskenner“ oder „Weinkenner“.

Facebook > Einstellungen > Werbeanzeigen

  • Hier kannst Du Interessen direkt entfernen. Sie werden dann allerdings nicht komplett gelöscht, sondern in die Kategorie „entfernte Interessen“ verschoben.
  • Unter „Werbethemen verbergen“ kannst Du Alkohol-Werbung dauerhaft ausblenden.

Die Einstellungen für Facebook gelten übrigens auch für Instagram. Wir fragen uns dabei: Was macht man eigentlich, wenn man nur ein Instagram-, aber kein Facebook-Konto hat? Wie kann man die Werbeinteressen dann bearbeiten?

Screenshots vom Einstellungsmenü bei Twitter, Facebook und Instagram

Bild: Screenshots der Werbe-Einstellungen von Twitter (links), Facebook (Mitte) und Instagram (rechts)

Übrigens: Wenn Du Deinen sozialen Netzwerken mal einen Frühjahrsputz gönnen möchtest, dann schau doch mal in unseren Blogbeitrag dazu.

Wie kann ich Anzeigen melden, die gegen die Werberichtlinien oder den Jugendschutz verstoßen?

Es gibt zwei Wege, Werbeanzeigen zu melden: Zum einen kannst Du Anzeigen direkt dem sozialen Netzwerk melden. Zum anderen ist eine Meldung bei externen Stellen möglich. In den sozialen Medien funktioniert das in der Regel so: Bei der Werbeanzeige gibt es oben rechts in der Ecke ein Symbol (Zum Beispiel einen Pfeil oder drei Punkte). Wenn Du da drauf klickst, hast Du verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl. Eine dieser Möglichkeiten ist, die Anzeige zu melden.

Werbeanzeigen bei externen Stellen melden

Bei folgenden Stellen kannst Du Werbeanzeigen melden, wenn sie gegen deutsche Gesetze oder Werberichtlinien verstoßen:

Nahaufnahme einer Tastatur. Eine Taste ist blau eingefärbt. Auf ihr steht "Hilfe!". Ist Online-Beratung für Online-Süchtige geeignet? Kind liegt mit zwei Erwachsenen im Bett. Die Erwachsenen lesen Zeitung. Das Kinf guckt auf einen hell erleuchteten Bildschirm. Mediennutzung in der Familie: Über Regeln und Vorbilder
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