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In der Brille einer Frau spiegelt sich Programmiercode

Foto: geralt / Pixabay.com

Bildschirmzeit steigt weiter, aber Digital Detox wird zum Trend

07 Dezember 2022

Lesezeit 5 Minuten

Die neue Onlinestudie von ARD und ZDF ist da! Seit dem Jahr 2000 werden im Auftrag der beiden öffentlichen Rundfunkanstalten Menschen in Deutschland zu ihrer Internetnutzung befragt. Die Studie fragt beispielsweise die Häufigkeit und Dauer der Internetnutzung ab. Aber nicht nur die Bildschirmzeit, auch die Inhalte sind dabei von Interesse.

Bildschirmzeit steigt weiterhin

Auch im Jahr 2022 ist die online verbrachte Zeit weiterhin gestiegen. 234 Minuten (fast vier Stunden) verbringt die deutsche Bevölkerung täglich im Internet. Im letzten Jahr waren es noch ein paar Minuten weniger (227 Minuten), im Corona-Hochjahr 2020 nur 204 Minuten.

Säulendiagramm

Grafik: webcare+

Video, Audio und Text (Medieninhalte) machen einen Großteil der Onlinezeit aus. Durchschnittlich entfallen darauf 160 Minuten (2,5 Stunden). Jugendliche und junge Erwachsene verbringen sogar 284 Minuten (fast 5 Stunden) mit Onlinemedien. Bei den Senior*innen sind es dagegen nur 49 Minuten pro Tag. Am beliebtesten sind Video-Inhalte, die von gut der Hälfte (51 Prozent) der deutschen Bevölkerung täglich konsumiert werden. Audio (42 Prozent) und Text (45 Prozent) sind in etwa gleichauf.

Säulendigramm

Grafik: webcare+

Onlinezeit und Onlinesucht

Die reine Bildschirmzeit allein sagt in der Regel nicht viel darüber aus, ob eine Person süchtig nach einem Online-Angebot ist oder nicht. Internetsucht als medizinische Diagnose fußt auf einer Reihe von Kriterien, bei denen die Nutzungszeit nur eine Nebenrolle spielt:

  1. Musst Du immerzu ans Onlinesein denken?
  2. Hast Du das Bedürfnis, immer mehr Zeit im Internet zu verbringen?
  3. Hast Du bereits erfolglos versucht, deine Internetnutzung zu reduzieren?
  4. Fühlst Du Dich nervös, launisch, traurig oder gereizt, wenn Du nicht im Internet sein kannst?
  5. Verbringst Du mehr Zeit im Internet als vorgesehen?
  6. Gefährdet deine Internetnutzung Freundschaften, Beziehungen, Arbeit oder Ausbildung?
  7. Hast Du schon einmal Familie oder Therapeut*innen über deine Internetnutzung belogen?
  8. Nutzt Du das Internet, um Dich von Problemen oder schlechten Gefühlen abzulenken?

Diese Kriterien wurden von der Psychologin Kimberly Young schon im Jahr 1998 für Internetsucht vorgeschlagen, finden aber heute noch Verwendung. Die Diagnosekriterien für andere Suchterkrankungen sind übrigens ähnlich.

Die beliebtesten Apps und Plattformen

Netflix ist weiterhin die beliebteste Video-Plattform, auch wenn Amazon Prime Video in 2022 aufgeholt hat und nun dicht hinter Netflix liegt. Spotify ist immer noch die beliebteste Audio-Plattform, wächst mit seinen Nutzungszahlen aber nicht so stark wie Amazon Music und YouTube Music. Bei den sozialen Netzwerken hat weiterhin Facebook die Nase vorn, dicht gefolgt von Instagram. TikTok, Snapchat, Twitter und Co folgen erst mit einigem Abstand. Noch größer ist die Kluft bei den Messengern: An WhatsApp kommt kein anderer Messenger auch nur ansatzweise heran. Aber: Die Nutzungszahlen von Telegram, Signal und Threema wachsen.

Balkendigramme

Grafik: ARD/ZDF

Trendthema 2022: Digital Detox

In diesem Jahr hat sich die ARD-ZDF-Studie auch mit dem Trend Digital Detox beschäftigt. Vier von zehn Befragten haben Digital Detox schon einmal ausprobiert oder praktizieren es regelmäßig. Besonders interessant dabei: Mit steigendem Alter sinkt der Anteil derer, die ihre Nutzung digitaler Medien oder Geräte schon einmal eingeschränkt haben. Sind es bei den 14- bis 29-Jährigen noch zwei Drittel (66 Prozent), sind es bei ab 70-Jährigen nur ein gutes Viertel (26 %). Die Autor*innen der Studie äußern zur Erklärung auch einen Vermutung:

„Dass die Zustimmungswerte mit zunehmendem Alter sinken, legt den Schluss nahe, dass eigentlich die intensivere Nutzung die entscheidendere Einflussgröße ist. Diejenigen, die Digital Detox schon einmal praktiziert haben oder es planen, nutzen ausweislich der vorliegenden Daten der ARD/ZDF-Onlinestudie Social Media, Musikstreaming, Onlineartikel, allgemeines Surfen und Individualkommunikation zum Teil deutlich überdurchschnittlich.“ (S. 468f.)

Kreisdiagramm

Grafik: ARD/ZDF

Bildschirmzeit: Noch mehr Statistiken

Weitere Zahlen rund um Mediennutzung und Mediensucht findest du in unserer Zusammenstellung „Zahlen auf einen Blick„.

Quellen

ARD-ZDF-Onlinestudie (2022): Präsentationsfolien

Natalie Beisch und Wolfgang Koch (2022): ARD/ZDF-Onlinestudie. Vier von fünf Personen in Deutschland nutzen täglich das Internet

Kimberly Young (1998): Internet Addiction. The Emergence of a New Clinical Disorder, CyberPsychology & Behavior, 1:3.

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